Fischfangquoten, Nährwertlabel, Tierwohlkennzeichen – die EU-Agrarminister sind am Dienstag zu einem zweitägigen Ministerrat in Brüssel zusammengekommen. Vor allem bei den Fischfangquoten für die Nordsee im kommenden Jahr dürfte es wegen der Brexit-Unsicherheit kompliziert werden.
Da die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien über ein Handelsabkommen – inklusive Fischereirechte – noch laufen, standen die Minister vor vielen Unwägbarkeiten.
«Das ist kein leichtes Unterfangen, zumal wir in diesem Jahr natürlich noch den Brexit vor Augen haben», sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Dienstagmorgen. «Da noch sehr viel offen ist, welchen Deal wir am Ende mit Großbritannien machen, werden das lange Nächte der Verhandlungen in Brüssel werden». Noch ist nicht absehbar, ob und in welchem Umfang Fischer aus EU-Staaten wie Deutschland oder Frankreich ab 2021 Zugang zu britischen Hoheitsgewässern bekommen.
Weil Deutschland noch bis Ende des Jahres turnusgemäß den Vorsitz der EU-Staaten innehat, leitet Klöckner die Gespräche. Eine Einigung auf die Fischfangquoten dürfte es wohl erst am Mittwoch oder in der Nacht zum Donnerstag geben. Neben der Nordsee geht es unter anderem auch um den Atlantik, das Mittelmeer und das Schwarze Meer. Zudem beraten die Minister über Nährwertkennzeichnungen auf Lebensmitteln sowie ein europaweites Tierwohlkennzeichen.
Keine Auswirkungen haben die Brexit-Verhandlungen auf die Fangquoten für das Mittelmeer und das Schwarze Meer. Ergebnisse für die Nordsee und den Nordostatlantik dürften hingegen nur vorläufig sein. Denn sie stünden unter dem Vorbehalt britischer Zustimmung.
Geplant ist, die aktuellen Quoten für einen bestimmten Zeitraum – beispielsweise drei Monate – zu verlängern. Allerdings ist auch das kompliziert und dürfte lange Verhandlungen erfordern. Zu klären sind viele technische Details – etwa deshalb, weil einige Bestände vor allem zu Beginn des Jahres gefischt werden, andere erst später. Kurz vor Beginn der Verhandlungen hatte die EU-Kommission Vorschläge für das die Quoten vorgelegt.
Für Deutschland ist die Nordsee-Fischerei wichtig, etwa beim Hering. Große Fischfangnationen wie Spanien und Frankreich verhandeln hingegen bei den für sie wichtigen Atlantikfangquoten hart.
Grundlage der Gespräche ist eine Vorlage der EU-Kommission. Diese basiert in erster Linie auf Empfehlungen des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES). Die EU-Staaten legen auf dieser Grundlage jedes Jahr die sogenannten zulässigen Gesamtfangmengen fest. Etliche Fischbestände befinden sich in eher schlechtem Zustand. Deshalb geht es vor allem darum, die Interessen der Fischereiindustrie mit Umweltbelangen in Einklang zu bringen.
Die EU-Kommission hat für die Nordsee-Bestände vergangene Woche zudem einen Rechtsrahmen vorgelegt, der im Falle einer ausbleibenden Einigung mit Großbritannien auf ein Handelsabkommen bis zum 31. Dezember 2021 gelten soll – oder bis zu einem gemeinsamen Fischereiabkommen. Diese Vereinbarung soll den Zugang von britischen Fischkuttern in EU-Gewässer regeln und umgekehrt.