Lufthansa-Chef Carsten Spohr droht im festgefahrenen Tarifstreit erneut mit Entlassungen von Piloten im Frühjahr.
«Mangels Einigung wird es wohl erstmals in der Geschichte unseres Unternehmens im zweiten Quartal 2021 so weit sein, dass uns 500 Kapitäne und 500 Erste Offiziere verlassen müssen», sagte Spohr der «Wirtschaftswoche». Das wäre ein Fünftel der rund 5000 Piloten der Lufthansa-Kerngesellschaft. Es sei kaum erklärbar, dass keine Lösung absehbar sei, sagte Spohr mit Blick auf die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), mit der eine weitreichende Einigung auf Einschnitte in der Corona-Krise aussteht.
Es gehe «ausgerechnet um die Beschäftigtengruppe mit den höchsten Tarifgehältern», sagte Spohr. «Innovative Teilzeitmodelle für die nächsten Jahre müssten möglich sein, um den unzweifelhaft vorhandenen Personalüberhang mit möglichst wenig Kündigungen zu kompensieren.» In den anderen Beschäftigungsgruppen gelte der jeweils vereinbarte Kündigungsschutz.
Die von der Corona-Krise gebeutelte Lufthansa hat sich mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo sowie Verdi auf Einschnitte geeinigt. VC und Lufthansa haben sich bisher aber nur auf einen kurzfristigen Sanierungstarifvertrag für dieses Jahr verständigt, der laut Gewerkschaft rund 150 Millionen Euro gespart hat. So wurden unter anderem Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld, Zuschüsse zu den Betriebsrenten sowie eine Tarifsteigerung gestrichen.
Lufthansa hatte den Piloten schon vom zweiten Quartal 2021 an mit betriebsbedingten Kündigungen von bis zu 1100 Kollegen gedroht. Entsprechende Verhandlungen für Sozialplan und Interessensausgleich hat der Konzern mit den Betriebsräten eingeleitet. Die staatliche gerettete Lufthansa hat wegen der Corona-Krise in den ersten neun Monaten des Jahres bereits 5,6 Milliarden Euro Verlust gemacht und ihr Flugangebot eingedampft. Bis Jahresende sollen 29.000 Stellen bei dem Konzern gestrichen sein.
Bei den Buchungen für das kommende Jahr sieht Spohr derweil Aufwind. «Seit eine konkrete Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff besteht, haben sich unsere Buchungen für den nächsten Sommer verdreifacht», sagte er. «Dass die Menschen zudem schon für die Osterzeit Flugreisen reserviert haben, zeigt, wie zuversichtlich sie sind.»
Mit dem Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport liegt Lufthansa erneut im Clinch. Mit den Drehkreuzen München, Zürich, Wien und Brüssel habe man Vereinbarungen für ein Hochfahren des Geschäfts erzielt. «In Frankfurt führten nicht einmal die Verhandlungen über Gebühren für geparkte Flugzeuge zu einem marktüblichen Kompromiss, sodass wir jetzt weitere, nicht benötigte Flugzeuge zum Parken ausfliegen.»