Die Corona-Krise hat 2020 auf breiter Front auf den Lebensmittelmarkt durchgeschlagen – dann kam noch die Afrikanische Schweinepest dazu. Viele Landwirte blicken deshalb angespannt ins neue Jahr.
In zahlreichen Betrieben gebe es eine sehr schwierige wirtschaftliche Situation, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur. «Viele sehen ihre Zukunft gefährdet und haben wichtige Investitionen aufgeschoben.» Die Erzeugerpreise für Fleisch seien derzeit ruinös, für andere Produkte ebenfalls nicht zufriedenstellend. «Der Lebensmitteleinzelhandel und die anderen Teile in der Lieferkette müssen jetzt ein klares Signal geben, dass sie bereit sind, auch die Bauern an ihren Gewinnen zu beteiligen.»
Die Pandemie und Krisenmaßnahmen wie die Schließung von Gaststätten und Kantinen bekamen auch Landwirte zu spüren, wie aus einem neuen Marktbericht des Bauernverbands hervorgeht – etwa mit Verschiebungen weg von der Gastronomie und hin zu den Supermärkten. Ein Überblick:
SCHWEINEFLEISCH: Für Schweinehalter sei es «ein Jahr der Extreme» gewesen, erläutern die Branchenexperten. So hervorragend 2020 für Ferkelerzeuger und Schweinemäster begonnen habe, so niederschmetternd gehe es nun zu Ende. Anfangs gab es noch «Spitzenpreise» von mehr als 2 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht dank eines Nachfragebooms aus China wegen der dort kursierenden Afrikanischen Schweinepest.
Mit der Corona-Krise habe aber «ein frustrierender Preisverfall» eingesetzt. Ins Kontor schlug dabei auch das andauernde Verbot von Großveranstaltungen. Wie schon länger befürchtet, tauchte im Herbst dann auch die Afrikanische Schweinepest – bei Wildschweinen – in Deutschland auf, der Export nach Asien brach abrupt zusammen. Die Schweinepreise stürzten auf nun 1,19 Euro pro Kilo Schlachtgewicht ab.
Dazu kommt ein immer noch bestehender «Schweinestau» wegen mehrerer Corona-Ausbrüche in großen Schlachtbetrieben. Vor Weihnachten sind es laut Marktbericht nun 670.000 Schweine, die eigentlich geschlachtet werden müssten – über die Feiertagspause dürften es noch mehr werden. Anfang 2021 sei wichtig, dass aus dem Ausland zurückkehrende Arbeiter mit Beachtung des Gesundheitsschutzes rasch wieder anfangen könnten.
GETREIDE: Die Getreideernte 2020 fiel mit 43,2 Millionen Tonnen etwas kleiner aus als im Vorjahr, ebenso die Ernte in der EU. Auch wegen einer stärkeren globalen Nachfrage seien aber höhere Preise in Sicht. So seien Anfang Dezember für eine Tonne Brotweizen 187 Euro zu erzielen gewesen, etwa 15 Prozent mehr als zum Vorjahreszeitpunkt.
MILCH: Im Jahresmittel lag der Erzeugerpreis im bundesweiten Schnitt bei 32,4 Cent pro Kilogramm Milch – leicht unter dem langjährigen Mittel und enttäuschender als zwischenzeitlich erhofft.
OBST- UND GEMÜSE: Die Nachfrage legte im Pandemie-Jahr 2020 zu, wie es im Marktbericht heißt. Bei Gemüse stieg der Pro-Kopf-Verbrauch um 2,6 Prozent auf 98,7 Kilo, bei Obst um 1,7 Prozent auf 105,1 Kilo. Häufiger griffen Verbraucher demnach besonders bei Äpfeln, Bananen und Zitronen zu. Bei heimischem Spargel sank die Erntemenge um 29 Prozent – bei Erntebeginn gab es zuerst Probleme bei der Einreise ausländischer Saisonarbeiter unter verschärften Corona-Regeln.
RINDFLEISCH: Die höhere Nachfrage in Supermärkten habe Rückgänge durch die Schließung von Cafés, Restaurants und Mensen nicht vollständig ausgleichen können, erläutern die Branchenexperten. Die Preise für die Erzeuger standen demnach unter Dauerdruck. Der Pro-Kopf-Verzehr von Rindfleisch sei mit durchschnittlich 9,5 Kilo im vergangenen Jahr stabil geblieben – bei allgemein sinkendem Fleischkonsum. Auch in Rinderschlachthöfen gab es aber – wie im Falle von Schweinen – Corona-Engpässe.
BIO-PRODUKTE: Der Ökolandbau legt in Deutschland schrittweise zu – die Nachfrage sowieso. Extrem knapp sei Öko-Schweinefleisch, nachdem die Öko-Fleischnachfrage 2020 um 50 Prozent zugelegt haben dürfte, heißt es im Bericht. Der Bauernverband sieht daher Chancen, wenn Höfe auf Bio umstellen, zumal der deutsche Bio-Markt in diesem Jahr wohl um fast 20 Prozent auf mehr als 14 Milliarden Euro gewachsen sei.
RINGEN MIT DEN SUPERMARKTKETTEN: Mit den großen Handelsketten liefern sich Landwirte gerade ein Ringen, um mehr Wertschätzung und bessere Preise durchzusetzen. Auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hat sich eingeschaltet. Sie will unfaire Geschäftspraktiken zulasten kleiner Lieferanten gesetzlich unterbinden und dringt auch auf einen «Verhaltenskodex» des Handels – Vorschläge wurden für Januar angefordert.