• Do. Nov 21st, 2024

Warten auf die kräftige Exporterholung

Container stehen im Hafen von Qinzhou. Vor allem anziehende Geschäfte in China stützen Deutschlands Exporteure in der Corona-Krise. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Xu Zhiyan/XinHua/dpa)
Sorge vor hartem Lockdown:

Nach der Erholung im Sommer hat die Corona-Krise die deutsche Wirtschaft wieder stärker im Griff. Gestützt vom China-Geschäft erholten sich die Exporte im Oktober zwar weiter, doch das Tempo verlangsamte sich, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorging.

Der Mittelstand sieht in der Krise die Existenz vieler Firmen gefährdet. Wirtschaftsverbände mahnten schnell wirksame Hilfen und außerdem Strukturreformen etwa im Steuerrecht an. Der Handel forderte für den Fall eines bundesweiten harten Lockdowns zusätzliche Nothilfen der Politik.

Die deutschen Ausfuhren legten im Oktober gegenüber dem Vormonat um 0,8 Prozent zu. Mit einem Volumen von 112,0 Milliarden Euro lagen sie aber 6,5 Prozent unter dem Vorjahresmonat. «Das leichte Plus im China-Geschäft hilft, unseren Außenhandel zu stabilisieren, ist aber zu wenig für eine kräftige Erholung», erläuterte Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. Dafür sei der wirtschaftliche Einbruch bei allen anderen wichtigen Handelspartnern zu groß.

Strengere Maßnahmen würden angesichts steigender Corona-Infektionszahlen wohl nicht ausbleiben. «Wichtig ist jedoch, dass der Handel weiterhin funktionieren kann. Dafür sind beispielsweise offene Grenzen unerlässlich», mahnte Börner.

Nach der Erholung im Sommer befürchtet die Wirtschaft einen neuerlichen Rückschlag, weil in vielen Ländern die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zuletzt wieder verschärft wurden. Die Stimmung der Exporteure trübte sich im November einer Ifo-Umfrage zufolge ein. Insbesondere die Heftigkeit der zweiten Corona-Welle in vielen europäischen Ländern belaste das Exportgeschäft, erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut jüngst. Nach Einschätzung von Stefan Kooths, Konjunkturexperte am Institut für Weltwirtschaft (IfW), droht den deutschen Exporten im Winter ein Dämpfer.

Während die Ausfuhren von Waren «Made in Germany» in die EU und die USA gegenüber Oktober 2019 sanken, gab es im Handel mit China ein Plus von 0,3 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Exporte. Das Land, in dem erstmals Infektionen mit dem Coronavirus entdeckt worden waren, dürfte trotz des Einbruchs zum Jahresanfang als einzige große Volkswirtschaft 2020 ein Wachstum verzeichnen.

Wirtschaftsverbände warnten vor zusätzlichen Belastungen. «Auf die Last, die unsere Betriebe jetzt pandemiebedingt zusätzlich tragen müssen, da darf nichts mehr raufgepackt werden», sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Gesamtwirtschaftlich habe sich die Lage seit den neuen Einschränkungen von Anfang November und angesichts des anhaltend hohen Infektionsgeschehens wieder verschärft.

In der Corona-Krise bräuchten die Unternehmen vor allem Liquidität. Finanzpolster, die manche Unternehmen in vielen Jahren aufgebaut hätten, seien in kürzester Zeit zusammengeschmolzen. «Für viele Betriebe geht es um die Existenz», sagte Wollseifer.

Die Lage in den verschiedenen Branchen ist aber unterschiedlich, wie auch aus einem Papier der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand hervorgeht. Das Gastgewerbe etwa sei durch die Pandemie in die größte Krise der Nachkriegszeit gestürzt. Im Handwerk spürten die Gewerke des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes hingegen bisher nur in geringerem Ausmaß die Folgen der Pandemie. Dem industriellen Mittelstand machten die Reisebeschränkungen und damit verbundene Störungen der Wertschöpfungsketten zu schaffen.

Für den Fall eines bundesweiten harten Lockdowns fordert der Handel zusätzliche Nothilfen der Politik. Dann gehe es um eine gleiche Behandlung der Betroffenen, sagte der Präsident des Handelsverbands Deutschland, Josef Sanktjohanser. Die bisherigen November- und Dezemberhilfen richten sich vor allem an Firmen, die wegen behördlicher Anordnungen ihren Betrieb dicht machen mussten – also etwa die Gastronomie.

November und Dezember seien für viele Unternehmen normalerweise die umsatzstärksten Monate des Jahres, sagte Sanktjohanser. Wenn diese Umsätze jetzt ausfielen, gerieten viele Geschäfte in noch größere Schieflage.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch im Bundestag weitere Corona-Maßnahmen noch vor Weihnachten gefordert. Sie bezeichnete Empfehlungen der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina für Geschäftsschließungen und eine Verlängerung der Weihnachtsferien bis zum 10. Januar als richtig.

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