Nach mehr als vier Jahren BER-Dauerkrise soll Schluss sein: Der Chef der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB), Engelbert Lütke Daldrup, will im September abtreten.
Er habe den Aufsichtsrat um die vorzeitige Auflösung seines Vertrags gebeten, teilte die FBB am Mittwoch mit. Seine Aufgaben seien mit der Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens BER sowie der Schließung des Altflughafens Tegel im vergangenen Herbst erfüllt, schreibt der 64-Jährige in einem Brief an den Aufsichtsrat.
«Am Ende reiflicher Überlegung bin ich zu der Entscheidung gekommen, mich von der Geschäftsführung in absehbarer Zeit zurückzuziehen», heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. «Auch wenn eine solche Trennung immer schwerfällt und die Wahl des richtigen Zeitpunktes nicht einfach ist, bitte ich Sie meinen Schritt zu akzeptieren.»
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte den gelernten Stadtplaner im März 2017 als Geschäftsführer der Flughafen-Gesellschaft durchgesetzt. Der BER hätte da schon seit sechs Jahren eröffnet sein sollen.
Der Bau war von Planungsfehlern, technischen Problemen und Baumängeln geprägt. Sechsmal wurde die Eröffnung verschoben. Viele rechneten 2017 längst nicht mehr mit der Fertigstellung. Nachdem Lütke Daldrup das Ruder übernommen hatte, brauchte es mehr als drei weitere Jahre bis alle Mängel abgearbeitet waren und am 31. Oktober 2020 tatsächlich die ersten Passagiere am neuen Hauptterminal empfangen wurden. Rund eine Woche später hob der vorerst letzte Flieger in Tegel ab.
«Dass der BER in Betrieb gegangen ist, war maßgeblich der Verdienst seiner Arbeit. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet», teilte der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Bretschneider mit.
Ruhiger wurde es seither kaum für Lütke Daldrup. Aufgrund der Corona-Pandemie sind die Fluggastzahlen auch am BER massiv eingebrochen. Die Flughafengesellschaft steckt in einer finanziellen Krise. In den Jahren 2020 und 2021 mussten und müssen die Eigentümer – der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg – mit knapp einer Milliarde Euro aushelfen, um den Betrieb am Laufen zu halten. Auch in den kommenden Jahren bleibt die FBB eigenen Angaben zufolge auf Staatshilfen angewiesen.
Die neue Krise will Lütke Daldrup anderen überlassen. «Für mich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Bewältigung der neuen Herausforderungen eine Entsprechung in der Führungsebene der Gesellschaft haben muss», heißt es in seinem Schreiben an den Aufsichtsrat. «Die FBB, die die Pandemie überwindet und den BER erfolgreich betreibt, braucht eine andere Führung als die FBB der letzten Jahre.»
Lütke Daldrups Vertrag wäre im März 2022 ausgelaufen. Dass er vorzeitig von Bord geht, stößt auch auf Kritik. «Das ist Drücken vor Verantwortung», teilte der CDU-Obmann im BER-Untersuchungsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses, Christian Gräff, mit. «Der Zuschussbedarf der nächsten Jahre geht in die Milliarden. Transparenz und überzeugende Finanzkonzepte? Fehlanzeige. Rot-Rot-Grün und Lütke Daldrup hinterlassen den BER als Schulden-Friedhof.»
Michael Müller wiederum dankte am Mittwoch seinem einstigen Staatssekretär. «Mit Sachverstand, Koordinationsgeschick und Fleiß hat er das geschafft, woran viele zuvor gescheitert sind», teilte er mit. «Ich bin froh, dass wir ihn damals für das Megaprojekt Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ gewinnen konnten. Zum Glück bleibt uns Lütke Daldrup noch bis zum Sommer erhalten.»
Wie es dann weiter geht, soll bei der für Freitag angesetzten Aufsichtsratssitzung erörtert werden. Lütke Daldrup selbst warb mit Blick auf seine Nachfolge für «personelle Kontinuität». «Dafür geeignete Persönlichkeiten sind im Unternehmen vorhanden», schreibt er.