Der britische Hafenverband BPA hat Pläne von Premierminister Boris Johnson für einen Tunnel in die Provinz Nordirland kritisiert.
Eine feste Verbindung sei ein überflüssiges Projekt, zumal dadurch weitaus weniger Geld für andere Transportmittel «mit weitaus größeren wirtschaftlichen Vorteilen» zur Verfügung stünde, sagte BPA-Chef Richard Ballantyne. Wenn die Regierung das Geld auf andere Verkehrsanbieter verteile, erhielte sie eine nachhaltigere Wertschöpfung. «Wir haben mehrere Seeverbindungen zwischen Großbritannien und Irland, die Arbeitsplätze und Möglichkeiten für andere Standorte bieten.»
Zudem sei das Projekt umweltschädlich, sagte Ballantyne. «Die Verbindung könnte die Treibhausgasemissionen drastisch erhöhen, wenn deswegen Verkehre von der Schifffahrt, dem kohlenstoffeffizientesten Verkehrsmittel, auf die Straße verlagert werden.»
Auch die schottische Regionalregierung kritisierte das Vorhaben, das derzeit von Johnsons Regierung geprüft wird. Eine Verkehrsverbindung über die Irische See genieße keine Priorität, sagte Verkehrsminister Michael Matheson. Es sei lediglich ein «Eitelkeitsprojekt» Johnsons. Der Premier wolle damit die Befugnisse der Regionalregierungen untergraben. Die schottische Regierung strebt die Loslösung von Großbritannien an. Nordirlands stellvertretende Regierungschefin Michelle O’Neil, deren Partei Sinn Fein für die Wiedervereinigung mit dem EU-Staat Irland eintritt, sprach von einem «Hirngespinst».
Johnson hat sich wiederholt für eine feste Verbindung zwischen Großbritannien und Nordirland ausgesprochen. Schätzungen zufolge könnte ein Tunnel zwischen Schottland und Nordirland rund 20 Milliarden Pfund (23,36 Mrd Euro) kosten, eine Brücke gilt unter anderem wegen der Meerestiefe und starker Winde in der Irischen See als unrealistisch. Verkehrsminister Grant Shapps verteidigte das Vorhaben. Es sei wichtig, dass alle Teile des Vereinigten Königreichs so gut wie möglich miteinander verbunden seien, sagte er der BBC.
Johnson will mit der Verbindung die britische Einheit stärken, auch weil es infolge des Brexits zu Lieferproblemen zwischen Großbritannien und Nordirland gekommen ist. Ein Tunnel würde aber an den Handelsschwierigkeiten nichts ändern, sagte BPA-Chef Ballantyne. Zollkontrollen und andere Hemmnisse bestünden dennoch weiter.