Mitten im scharfen Streit um Neuregelungen bei den EU-Agrarmilliarden berät eine Regierungskommission über die generelle Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich am Dienstag in einer Sitzung des Gremiums über den Stand der Arbeiten informieren. Nach der nicht öffentlichen Runde veranstaltet die Kommission eine Online-Diskussion (14.00). Das vom Kabinett eingesetzte Gremium soll einen Konsens über die Ausrichtung der Landwirtschaft suchen und bis zum Sommer Empfehlungen vorlegen. Bis zur Bundestagswahl am 26. September ist aber nicht viel Zeit.
Merkel hatte die «Zukunftskommission» angesichts von Bauernprotesten in mehreren Städten Ende 2019 bei einem «Agrargipfel» vorgeschlagen. Ihr gehören Vertreter von Landwirten und Ernährungsbranche, Natur- und Tierschützern sowie Handel und Wissenschaft an. Vorsitzender ist der ehemalige Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Germanist Peter Strohschneider. Das Gremium will nun erstmals selbst seine Arbeitsweise vorstellen. Bei der öffentlichen Diskussion geht es um «Perspektiven eines nachhaltigen Landwirtschaftssystems».
Die Umweltorganisation WWF forderte von der Bundesregierung, die Arbeit der Kommission stärker anzuerkennen. Das Gremium werde voraussichtlich bis Juni beraten und hoffentlich Perspektiven aufzeigen, die den künftigen agrarpolitischen Rahmen bestimmen werden, sagte Christoph Heinrich, WWF-Naturschutzvorstand und Kommissionsmitglied. Derzeit würden aber die Verhandlungen zur EU-Agrarpolitik als wichtigstem politischen Steuerungsinstrument vorangetrieben, ohne dass die Kommission oder die Umweltressorts von Bund und Ländern eingebunden würden. Das erwecke den Eindruck, dass Dialogprozesse nur solange akzeptiert seien, bis es ernst werde.
Eine neu justierte EU-Agrarfinanzierung soll ab 2023 greifen – über die nationale Umsetzung gibt es aber Streit. Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) hat Eckpunkte für einen «Strategieplan» vorgelegt, den Deutschland bis 1. Januar 2022 an die Europäische Kommission schicken muss. Unter anderem sollen künftig 20 Prozent der Direktzahlungen aus Brüssel an spezielle höhere Umwelt- und Klimaleistungen geknüpft sein – dies sind 900 Millionen Euro jährlich. Aus der ersten Säule der Direktzahlungen sollen acht statt sechs Prozent in die zweite Säule für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen umgeschichtet werden.
Die Agrarminister von Bund und Ländern wollen an diesem Mittwoch erneut darüber beraten. Insgesamt sollen die deutschen Bauern künftig jährlich 4,9 Milliarden Euro Direktzahlungen bekommen und im Schnitt weitere 1,1 Milliarden Euro für Fördermaßnahmen in der zweiten Säule.