Wegen stark sinkender Corona-Infektionszahlen hebt die Bundesregierung die Reisebeschränkungen für Mallorca auf.
Die beliebteste Urlaubsinsel der Deutschen gilt ab Sonntag wie auch die anderen Balearen-Inseln und einige spanische Festlandregionen nicht mehr als Risikogebiet, wie das Robert-Koch-Institut am Freitag online mitteilte.
Damit verbunden ist auch die Aufhebung der Reisewarnung des Auswärtigen Amts. Das bedeutet: Urlaub auf Mallorca ist wieder ohne Quarantäne und Testpflicht nach der Rückkehr möglich. Der größte Reiseveranstalter Tui kündigte prompt an, die Ostersaison vorzuziehen und schon am 21. März von Hannover, Frankfurt und Düsseldorf Flüge nach Mallorca anzubieten.
Die Quarantänepflicht wird am Sonntag auch für weite Teile Portugals aufgehoben, das bisher noch als Virusvariantengebiet mit besonders strengen Regeln eingestuft ist. Für die gesamte Nordhälfte des Landes (Regionen Norte und Centro) inklusive Porto fallen die Reisebeschränkungen komplett weg – auch das Beförderungsverbot für Fluggesellschaften. Die besonders beliebte Südküste Algarve, die Atlantikinsel Madeira und die Hauptstadt Lissabon gelten allerdings weiter als «normale» Risikogebiete. Wer von dort nach Deutschland einreist, muss auch künftig zehn Tage in Quarantäne, die man aber mit einem negativen Test nach fünf Tagen verkürzen kann.
Besonders mit Blick auf die in den meisten Bundesländern in zwei Wochen beginnenden Osterferien hat die Entscheidung der Bundesregierung eine wichtige Signalwirkung. Denn es ist noch völlig unklar, ob dann Urlaub im Inland möglich sein wird. Hotels sind in ganz Deutschland noch geschlossen, über mögliche Öffnungen wollen Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder erst am 22. März beraten.
In ihrem jüngsten Beschluss vom 3. März hatten Bund und Länder noch «eindringlich» an alle Bürger appelliert, «auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland» zu verzichten. Die Haltung ändert sich auch mit der Streichung Mallorcas und anderer Gebiete von der Risikoliste nicht. Das Auswärtige Amt wird ab Sonntag zwar nicht mehr vor Reisen dorthin warnen, aber weiterhin von «nicht notwendigen, touristischen Reisen» abraten. Das ist aber nicht mehr als eine Empfehlung.
Auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln wie Menorca, Ibiza und Formentera liegen die Infektionszahlen jedenfalls inzwischen weit unter denen aller deutschen Bundesländer. Mit gut 21 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gehört die Inselgruppe, die im Dezember und Januar lange die schlimmsten Zahlen ganz Spaniens hatte, inzwischen zu den Regionen mit den besten Werten. Der Grenzwert für die Einstufung als Risikogebiet liegt bei 50.
Auf den spanischen Inseln löste die Nachricht aus Berlin Jubel aus. «Diese Entscheidung ist für die Balearen wichtig. Wir erwarten, dass sie sich sofort auf die Zahl der Buchungen aus Deutschland auswirken wird», sagte Joan Trian Riu, Manager der Hotelkette Riu Hotels & Resorts der Deutschen Presse-Agentur. Er weiß aber, dass die Lage höchst ungewiss bleibt. An der Playa de Palma, dem «Ballermann», hat Riu derzeit nur eins von insgesamt fünf Häusern in Betrieb. «Die Realität schaut im Moment so aus, dass die meisten Hotels auf den Inseln noch geschlossen sind. Die erwartete Zunahme des Geschäfts in den nächsten Wochen wird wohl für die meisten Geschäfte nicht ausreichen, um wieder zu öffnen», sagt Trian Riu.
Auch der seit einem Vierteljahrhundert auf Mallorca ansässige Immobilienmakler Lutz Minkner warnt vor Euphorie: «In allen Wirtschaftsbereichen ist der Wasserstand derzeit Oberkante Unterlippe. Viele können es jetzt doch noch schaffen, ihre Existenzen zu retten.» Bei vielen Unternehmern und Ladenbesitzern werde es aber zu spät sein.
Die Lage ist dramatisch: Das Ladensterben erwischte nach Schätzungen mindestens 30 Prozent aller Lokale – darunter auch traditionsreiche Geschäfte. An etlichen Hotels sind große Plakate mit der Aufschrift «SOS Turismo» angebracht. Die Hotelbranche auf Mallorca funkt SOS.
Derzeit sind nur wenige Touristen auf der Insel. Viele Strände sind fast verwaist. Im Hafenstädtchen Port de Sóller, einem beliebten Ausgangspunkt für Wanderungen in der Serra de Tramuntana, haben die Cafés und Restaurants wie überall auf der Insel draußen zwar wieder auf, sie müssen aber vorerst um 17 Uhr schließen. Ab dem 15. März sollen die Innenbereiche unter Auflagen wieder öffnen dürfen.
Die Tourismus-Branche auf den Balearen hat in normalen Jahren einen Anteil von 35 Prozent am Regionaleinkommen. 2020 brach aber die Zahl der Urlauber um 87,4 Prozent auf 1,7 Millionen ein. Jetzt soll die Wende kommen. Tui kündigte am Freitag an, erste große Hotels auf Mallorca bereits ab dem nächsten Wochenende zu öffnen. «Den Osterferien auf Mallorca steht nun nichts mehr im Wege, entsprechend haben sich unsere Teams vorbereitet», sagte Tui-Deutschland-Chef Marek Andryszak am Freitag. In Portugal plant Tui einen Neustart ab Mitte April.
Lufthansa verzeichnete schon in den vergangenen zwei Wochen bis zu 80 Prozent mehr Buchungen für Mallorca, rechnet nun mit einer Verstärkung dieses Trends und weitet das Angebot massiv aus. Statt zwei wöchentlicher Flüge ab München nach Mallorca sollen nun bis zu elf angeboten werden, ab Frankfurt soll die Zahl der Flüge von 6 auf bis zu 20 steigen. Eurowings plant sogar bis zu 325 wöchentliche Flugverbindungen von 24 Flughäfen in Deutschland und Großbritannien nach Palma de Mallorca.
Auf dem spanischen Festland sind die Küstenregionen Valencianische Gemeinschaft und Murcia mit beliebten Urlaubszielen wie Benidorm, Calpe, Javea und Denia ab Sonntag «risikofrei», außerdem im Landesinneren die Extremadura, La Rioja und Kastilien-La Mancha. Auch für die Bahamas in der Karibik und die norddänische Region Nordjylland wird die Quarantänepflicht dann aufgehoben.
Bereits in der vergangenen Woche war die Halbinsel Istrien an der kroatischen Adria als erste Urlaubsregion im europäischen Ausland von der Risikoliste genommen worden. Für die beliebten Ferienregionen in Griechenland, Italien, Frankreich, Österreich oder in der Türkei bleiben die Reisebeschränkungen dagegen bestehen.