Nach tagelangen Bemühungen zur Freilegung des Containerschiffs im Suezkanal bereiten sich Arbeiter auf eine mögliche Teilentladung der «Ever Given» vor.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi habe entsprechende Vorbereitungen angeordnet. Das sagte Admiral Usama Rabi, Vorsitzender der Kanalbehörde, dem ägyptischen Fernsehsender Extra News am Sonntag. Der Druck auf die Verantwortlichen steigt, weil rund 370 Schiffe auf Durchfahrt warten, darunter 25 Öltanker, und der wirtschaftliche Schaden weiter wächst.
Dem Dienstleister Inchcape Shipping zufolge konnte das 400 Meter lange Schiff, das etwa der Größe des Empire State Buildings in New York entspricht, bisher 29 Meter bewegt werden. Am Sonntag wurden zur Unterstützung zwei weitere Schlepper am Kanal erwartet, die in den Niederlanden beziehungsweise Italien registriert sind. Das teilte das Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) mit, das für die technische Leitung der «Ever Given» verantwortlich ist. Das Ruder des Containerschiffs konnte demnach bereits befreit werden.
Das Schiff eines japanischen Eigentümers war in Richtung Rotterdam unterwegs, als es bei der Durchfahrt des Kanals mit zwei Lotsen an Bord am Dienstag auf Grund lief. Die Ursache sei ersten Ermittlungen zufolge «starker Wind» gewesen, teilte BSM mit. Admiral Rabi schloss allerdings aus, dass allein der Wind und der Sandsturm zum Unfall führten. Auch «menschliches Versagen» oder ein technischer Defekt könnten nicht ausgeschlossen werden.
Ein Versuch, Hunderte Container etwa mit einem Kran vom Schiff zu heben und dessen Ladung damit zu verringern, würde Tage oder gar Wochen dauern. Es wäre eine logistische Herausforderung, die tonnenschweren Großraumbehälter aus fast 60 Metern Höhe mitten in der Wüste und ohne die Infrastruktur eines Hafens zu entladen. Die «Ever Given» kann bis zu 18.000 Container transportieren.
Durch die tagelange Blockade gehen dem Kanal täglich Einnahmen von rund 13 bis 14 Millionen Dollar verloren. Die Kanalbehörde nahm 2020 bei Durchfahrten von 18.800 Schiffen rund 5,6 Milliarden Dollar ein. Die Behörde erwägt, den wartenden Schiffen nach Ende der Krise eine Durchfahrt für eine geringere Gebühr anzubieten.
Die Reedereien Hapag-Lloyd (Hamburg), CMA CGM (Frankreich), MSC (Italien/Schweiz) und HMM (Südkorea) kündigten an, insgesamt 22 Schiffe über das Kap der Guten Hoffnung in Afrika umzuleiten. Rabi verteidigte den Suezkanal gegen Kritik und sagte, die Wasserstraße bleibe die «sicherste und kürzeste Route» zwischen Asien und Europa.
Die 25 Crewmitglieder der «Ever Given», die alle aus Indien stammen, sind wohlauf und weiterhin an Bord. Über mögliche Schäden an der Ladung oder eine Verschmutzung des Wassers gibt es bisher keine Informationen.