Die befürchtete Welle von Unternehmenspleiten ist im Corona-Jahr 2020 ausgeblieben.
Die Zahl der Firmenzusammenbrüche sank vielmehr auf den niedrigsten Stand seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch berichtete.
Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen schlug sich nicht in den Zahlen nieder, vor allem weil die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, in der Corona-Krise ausgesetzt wurde. Ob in diesem Jahr eine Pleitewelle droht, ist umstritten.
Die deutschen Amtsgerichte meldeten im vergangenen Jahr 15 841 Firmenpleiten. Das waren 15,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die bereits seit Oktober 2020 wieder geltende Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen wirkte sich nach Angaben der Statistiker unter anderem aufgrund der Bearbeitungszeit der Gerichte bislang nur leicht aus.
Für überschuldete Firmen war die Pflicht bis Ende Dezember 2020 ausgesetzt. Dies gilt weiter bis Ende April für jene Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit dem 1. November vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch aussteht.
Normalerweise muss ein Insolvenzantrag spätestens drei Wochen nach Eintritt eines Insolvenzgrunds wie Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gestellt werden. Experten hatten zunächst befürchtet, dass die Zahl der Firmenzusammenbrüche in diesem Jahr wegen der Corona-Krise deutlich steigen wird.
Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger beliefen sich auf knapp 44,1 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor standen mit rund 26,8 Milliarden Euro deutlich weniger im Feuer. Den Angaben zufolge beantragten mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz als 2019. Für Schlagzeilen hatte vor allem die spektakuläre Pleite des Finanzdienstleister Wirecard gesorgt.
Auch in diesem Jahr sind die Insolvenzzahlen bisher niedriger als im Vorjahr. Für Februar gaben die Statistiker 11 Prozent weniger eröffnete Regelinsolvenzverfahren im Vergleich zum Vorjahresmonat an.
Nach Einschätzung des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) entlasten auch die Ausweitung des Kurzarbeitergelds, staatliche Finanzhilfen und der Vollstreckungsstopp von Finanzbehörden und Krankenkassen die Unternehmen. «Mit einer Änderung der politischen Rahmenbedingungen wird im Wahljahr 2021 erst mit Aufnahme der politischen Arbeit durch den neugewählten Bundestag und damit erst zum Jahreswechsel 2021/2022 zu rechnen sein», sagte der VID-Vorsitzende Christoph Niering. Bis dahin dürften sich die Insolvenzzahlen weiter auf niedrigem Niveau befinden.
Der Kreditversicherer Euler Hermes rechnet vorerst ebenfalls nicht mit eine Pleitewelle – auch dank staatlicher Hilfen. In diesem Jahr werde die Zahl der Firmenzusammenbrüche lediglich um 6 Prozent steigen und damit weiterhin deutlich unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019 bleiben, prognostizierten die Experten jüngst.
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform und das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sagten in einer gemeinsamen Untersuchung dagegen kürzlich für die zweite Hälfte dieses Jahres einen «signifikanten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen» voraus. Auch die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel rechnet noch in diesem Jahr mit einer Insolvenzwelle in Deutschland. Die Zahl der Firmenpleiten könne sich gegenüber 2020 mehr als verdoppeln. Insgesamt 35 500 Firmeninsolvenzen seien möglich.