Die Bundesregierung verschärft ihre Gangart gegen Steuerhinterzieher. Das Kabinett beschloss ein Gesetz von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), wodurch Geschäfte mit Staaten erschwert werden, die sich nicht an internationale Steuerstandards halten.
Indem er Steuervorteile streicht, will Scholz die Flucht in Steueroasen unrentabler machen und die Staaten zum Umdenken bewegen. «Wir tun was, um Steueroasen auszutrocknen», sagte der Vizekanzler. «Jeder muss seinen fairen Beitrag zum Steueraufkommen leisten, nicht nur die Bäckerei nebenan, sondern auch der internationale Großkonzern.»
Grundlage für das deutsche Gesetzesvorhaben ist die Schwarze Liste der EU zu Steueroasen. Auf der Liste stehen zwölf Staaten, darunter etwa Panama, Fidschi oder die Seychellen, die aus EU-Sicht Steuerhinterziehung oder unfairen Steuerwettbewerb erleichtern. Die Liste ist allerdings umstritten, unter anderem, weil sie keine Steueroasen innerhalb der EU enthält. Scholz betonte, das gemeinsame europäische Vorgehen sei wichtig. «So sorgen wir gemeinsam für mehr globale Steuergerechtigkeit.»
Unter anderem sollen Aufwendungen für Betriebs- und Werbungskosten aus Geschäften mit Bezug zu Steueroasen künftig nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können. Neue Vorschriften soll es auch geben, wenn man Einkünfte auf eine Gesellschaft in einer Steueroase verlagert. Zudem werden Regelungen zur Quellensteuer verschärft, die auf Kapitalerträge im Ausland anfällt. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, müssen Bundestag und Bundesrat noch zustimmen.
Die Hoffnung ist, dass das Gesetz Investoren generell von Geschäftsbeziehungen in den aufgelisteten Staaten abschreckt – und dass es dadurch auch zu Reformen in den Steueroasen kommt. Kritiker jedoch rechnen nicht mit einer starken Wirkung. So weisen die Grünen in Brüssel darauf hin, dass die auf der EU-Liste verzeichneten Länder nur zwei Prozent der weltweiten Steuervermeidung von Unternehmen ausmachten.
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft kritisierte Scholz‘ Entwurf als halbherzig, weil er zu stark von der EU-Liste abhängig sei. «Ein richtig scharfes Schwert ist er nicht», sagte Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler der «Saarbrücker Zeitung». Der Bundesregierung fehle es am politischen Willen, selbst eine schwarze Liste aufzulegen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund betonte, alle Steueroasen müssten ausgetrocknet werden, auch die in der EU. «Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit», sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Auch der Finanzpolitiker der Linken, Fabio De Masi, übte Kritik: «Die Schwarze-Steueroasen-Liste der EU ist irrelevant, denn sie nimmt insbesondere US-Bundesstaaten wie Delaware und EU-Staaten selbst aus», erklärte er.
Nötig seien umfassende Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, um internationale Kooperation zu erzwingen. Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar forderte, auch international agierende Großunternehmen müssten ihren fairen Steuer-Beitrag zahlen. Zugleich müsse die Bundesregierung die Unternehmensbesteuerung in Deutschland wettbewerbsfähiger machen.