• So. Nov 24th, 2024

Geld für Klima und Digitales: Kabinett billigt Aufbauplan

Deutschland rechnet mit Zuschüssen in Höhe von netto fast 26 Milliarden Euro aus dem Topf des Corona-Wiederaufbaufonds. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christoph Soeder/dpa)

Die Bundesregierung und mehrere andere Länder haben den Startschuss für die Umsetzung des milliardenschweren europäischen Corona-Wiederaufbaufonds gegeben.

Den deutschen Anteil will Finanzminister Olaf Scholz fast komplett in Klimaschutz und Digitalisierung stecken. «Wir setzen ein klares Signal für eine klimafreundliche und digitale Zukunft», sagte der SPD-Politiker am Dienstag. Das Kabinett billigte seinen Aufbauplan, der in den kommenden Tagen auf EU-Ebene eingereicht werden soll.

Die im Sommer 2020 verabredeten Aufbauhilfen sollen den 27 EU-Staaten helfen, nach der Pandemie wieder auf die Beine zu kommen. Einen Teil des Geldes gibt es als Zuschüsse, einen Teil als Darlehen. Dafür wollen die EU-Staaten gemeinsam Schulden aufnehmen. Scholz bezeichnete den Aufbaufonds als «neues Kapitel in Europas Geschichte». Deutschland rechnet mit Zuschüssen in Höhe von netto fast 26 Milliarden Euro aus dem Topf.

Die ersten Hilfsgelder sollen nach jetzigem Stand vom Sommer an fließen. Allerdings müssen die Staaten vorab genau darlegen, wofür sie die Milliarden verwenden wollen. Eigentlich bis zum 30. April – es gibt aber Zweifel, ob das alle schaffen werden.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte eine genaue Prüfung an, ob die Aufbaupläne der EU-Staaten den gemeinsamen hohen Ansprüchen genügen. «Wir wissen genau, wohin wir wollen», sagte von der Leyen in Brüssel. Ziel sei ein grüneres, digitaleres und krisenfesteres Europa. «Wir haben 750 Milliarden Euro, um unsere Union der Zukunft zu bauen», sagte die Kommissionschefin. «Das ist eine Jahrhundertchance für Europa. Dies ist ein historischer Moment.»

Von den Zuschüssen für Deutschland sollen 90 Prozent in Klimaprojekte und digitale Transformation fließen, etwa in Wasserstoff-Forschung, klimafreundliche Mobilität und ein stärker digital orientiertes Bildungssystem.

Der Kauf von Elektro-Autos, -Bussen und -Zügen soll gefördert und die Lade-Infrastruktur ausgebaut werden. «Klimaschutz ist die größte Herausforderung unserer Zeit», betonte Scholz. Außerdem sollen drei Milliarden Euro in moderne Notfallausstattung und Infrastruktur von Krankenhäusern fließen. Die Umweltorganisation WWF kritisierte die Pläne als halbherzig und müde.

Wirtschaftsforscher erwarten durch die Investitionen allerdings auch einen positiven Effekt auf Wirtschaftsleistung und Beschäftigung in Deutschland. Sie rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt dadurch langfristig um zwei Prozent höher liegen dürfte als ohne die Aufbau-Maßnahmen.

Auch Frankreich und Italien stellten ihre Aufbaupläne vor. Italien ist mit mehr als 190 Milliarden Euro der größte Empfänger von Geldern aus dem europäischen Fonds. Ministerpräsident Mario Draghi will mit dem Geld das «Italien von morgen» bauen, zu den Investitionszielen gehören Hochgeschwindigkeitszüge und Häuser, die weniger Energie brauchen, mehr Plastik-Recycling und Öko-Landwirtschaft sowie eine Reform der Justiz.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire rief die EU-Kommission auf, die nationalen Wiederaufbaupläne «so rasch wie möglich» zu prüfen, damit Geld vom Ende des Sommers an fließen könne. Seit dem vergangenen Jahr, als das europäische Corona-Hilfspaket vereinbart wurde, sei Zeit verloren worden, kritisierte er: «China wächst wieder, die USA boomen. Die EU muss im Rennen bleiben.»

Vom nationalen französischen Plan von rund 100 Milliarden Euro seien bereits 30 Milliarden Euro zugesagt worden. Er sicherte zu, dass das hoch verschuldete Frankreich auf Reformkurs bleibe. Mit Blick auf die umstrittene Rentenreform, die auf Eis gelegt wurde, sagte er: «Wir müssen warten, bis die Covid-Krise vorbei ist.» Beobachter in Paris zweifeln daran, dass die Mitte-Regierung die Reform vor den Präsidentenwahlen im Frühjahr nächstes Jahres wieder aufnehmen wird.