Die Unternehmen in Deutschland sind trotz merklicher Corona-Impffortschritte nur vorsichtig optimistisch. Zwar bewerten sie die konjunkturelle Lage besser, die Zukunftsaussichten werden aber nach wie vor durch die Pandemie getrübt.
Entsprechend hellte sich das Ifo-Geschäftsklima nur leicht auf. Dennoch ist es der dritte Anstieg von Deutschlands wichtigstem Konjunkturbarometer in Folge, was unter Ökonomen normalerweise als konjunktureller Wendepunkt interpretiert wird. So ist auch die Bundesregierung inzwischen optimistischer und hebt ihre Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft für das laufende Jahr auf 3,5 Prozent an, wie am Montag aus Regierungskreisen verlautete. Zuletzt hatte sie für 2021 ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 3,0 Prozent erwartet.
Im April stieg der Geschäftsklimaindex gegenüber dem Vormonat um 0,2 Punkte auf 96,8 Zähler, wie das Münchner Ifo-Institut mitteilte. Dabei fallen die Ergebnisse gemischt aus: Während sich das Geschäftsklima in Industrie und Handel besserte, sank es unter Dienstleistern und am Bau. «Die dritte Infektionswelle und Engpässe bei Vorprodukten dämpfen die Erholung der deutschen Wirtschaft», sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, bezeichnete den minimalen Anstieg «eine echte Enttäuschung». Das sei das Ergebnis des langsamen Impftempos. Zuletzt hatten jedoch auch andere Indikatoren Signale für eine konjunkturelle Belebung ausgesendet.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellt die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung an diesem Dienstag vor. Diese war bisher pessimistischer als etwa Forschungsinstitute, die Mitte April in einer Gemeinschaftsdiagnose ein Wachstum von 3,7 Prozent prognostiziert hatten. Altmaier hatte der Funke-Mediengruppe gesagt: «Trotz der andauernden Lockdown-Situation entwickelt sich die Wirtschaft stärker, als von vielen erwartet.» Im Januar habe die Bundesregierung ein Wachstum von 3 Prozent prognostiziert. «Nach den aktuellen Zahlen sieht es sogar noch etwas besser aus.»
Innerhalb der deutschen Wirtschaft zeigt sich schon länger ein zweigeteiltes Bild: Während Branchen wie Einzelhandel oder Gastronomie weiter von Schließungen belastet sind, ist die Lage in der Industrie vergleichsweise gut. Das liegt auch daran, dass in wichtigen Exportmärkten wie China die Nachfrage steigt.
Allerdings steht auch die Industrie vor Schwierigkeiten – neben der ungewissen Weiterentwicklung der Pandemie macht der Mangel an Mikrochips Probleme – viele Betriebe haben derzeit mit verzögerten Lieferungen von Halbleitern zu kämpfen. Auch das Ifo-Institut verweist auf den derzeitigen Chipmangel. Vor allem die wirtschaftsstarke deutsche Autoindustrie ist davon betroffen. Die Ursachen der Lieferprobleme gelten als vielfältig und liegen unter anderem in der hohen Nachfrage nach elektronischen Geräten aufgrund der stark ausgeweiteten Heimarbeit.
Hoffnung macht das anziehende Corona-Impftempo. In Deutschland sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts von Montagmorgen 23,4 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollten sich am Montagnachmittag für einen sogenannten Impfgipfel zusammenschalten. Dabei sollte es auch darum gehen, welche Beschränkungen für Geimpfte und für von Covid-19 Genesene wegfallen könnten.
Diskussionen über Reisefreiheiten für geimpfte Menschen trieben am Montag die Aktien von Fluggesellschaften und angeschlossenen Industrien an. So können womöglich Amerikaner in diesem Sommer wieder die Länder Europas besuchen, denn die Impfkampagne in den USA ist besonders weit fortgeschritten.