Sparer, die wegen unwirksamer Klauseln ihres Prämiensparvertrages zu wenig Zinsen bekommen haben, erhalten Unterstützung der Finanzaufsicht Bafin. Die Behörde griff nach jahrelangem Streit durch und veröffentlichte am Montag eine sogenannte Allgemeinverfügung.
Kreditinstitute müssen Prämiensparkunden demnach über unwirksame Zinsanpassungsklauseln informieren und ihnen gegebenenfalls ein Angebot zur Neuberechnung der Zinsen machen. Es geht um langfristige Verträge, die zwischen 1990 und 2010 angeboten wurden. Verbraucherschützer begrüßten das Vorgehen, Kritik kam von Bankenverbänden.
Einvernehmliche Lösung gescheitert
«Da eine einvernehmliche Lösung mit den Banken gescheitert ist, mussten wir auf diesen verbraucherschutzrelevanten Missstand mittels Allgemeinverfügung reagieren», erläuterte Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch. Ein runder Tisch der Aufsicht mit Verbänden der Kreditwirtschaft und Verbraucherschützern war Ende November 2020 ohne Ergebnis geblieben.
Die Finanzaufsicht verpflichtete Geldhäuser nun, Prämiensparkunden darüber zu informieren, ob sie durch unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu geringe Zinsen erhalten haben. In diesen Fällen müssten die Institute ihren Kunden unwiderruflich eine Zinsnachberechnung zusichern oder einen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anbieten, der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2010 berücksichtige.
Vorgaben müssen zügig umgesetzt werden
Betroffene Institute müssen die Vorgaben zwölf Wochen nach Bekanntgabe der Allgemeinverfügung umsetzen. Sie können allerdings Widerspruch bei der Bafin einlegen. Pötzsch geht davon aus, dass dies auch einige Geldhäuser machen werden.
«Wir werden jeden Widerspruch prüfen und jedem Institut dann einen Widerspruchsbescheid schicken.» Einige Institute würden sich damit vermutlich an das Verwaltungsgericht wenden. «Das ist übliches Prozedere im Rechtsstaat.» Er gehe aber davon aus, dass die Allgemeinverfügung vor Gericht Bestand haben werde, sagte Pötzsch.
Verträge von 1990 bis 2010 betroffen
Ein Prämiensparvertrag ist eine langfristige Sparform mit variabler Verzinsung und gleichbleibender Sparleistung. Kunden erhalten zusätzlich zum Zins eine Prämie, die meist nach der Vertragslaufzeit gestaffelt ist. Es geht um Verträge, die Institute zwischen 1990 und 2010 anboten. Diese enthalten Klauseln, die Geldhäusern das Recht einräumten, die zugesicherte Verzinsung einseitig zu ändern.
Der Bundesgerichtshof erklärte die Klauseln 2004 für unwirksam und äußerte sich in späteren Entscheidungen 2010 und 2017 zu den Anforderungen an die Klauseln. Details waren aber weiter umstritten. Verbraucherschützer werfen vor allem Sparkassen vor, die Zinsen eigenmächtig mit Hilfe von Zinsanpassungsklauseln gesenkt zu haben.
Bafin springt Kunden zur Seite
«Es ist gut, dass die Bafin dem Druck der Sparkassen und Banken nicht nachgegeben hat und den Kunden zur Seite springt», sagte Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die Kreditinstitute müssten nun allen Betroffenen mitteilen, dass ihnen unter Umständen zu geringe Zinsen gezahlt worden seien. «Das wird Verbrauchern helfen, Ansprüche auf Nachzahlungen durchzusetzen.»
Julian Merzbacher, Verbraucherschutzexperte bei der Bürgerbewegung Finanzwende, geht davon aus «dass wir es mit einer Vielzahl von nicht rechtskonformen Klauseln zu tun haben.»
Die in der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) zusammengeschlossenen fünf großen Bankenverbände erklärten: «Nach unserer Auffassung wurde die Rechtsprechung des BGH von 2004 seitdem angemessen in den betroffenen und späteren Prämiensparverträgen umgesetzt.» Der BGH werde demnächst entscheiden, ob weitere rechtliche Kriterien bei Zinsanpassungsklauseln beachtet werden müssten. Es sei erstaunlich, dass die Bafin dieser Klärung vorgreife, für die die Zivilgerichte zuständig seien. Die betroffenen Institute würden nun prüfen, ob sie Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung einlegten, teilte die DK mit.