Die Teuerung in Deutschland hat mit 2,5 Prozent den höchsten Stand seit fast zehn Jahren erreicht – und Verbraucher müssen sich auch in den kommenden Monaten auf Preissprünge einstellen.
Volkswirte rechnen damit, dass die Inflation im laufenden Jahr weiter anziehen wird, die Bundesbank hält vorübergehend Teuerungsraten um vier Prozent für möglich.
Im Mai heizten vor allem steigend Energiepreise die Inflation an, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bestätigte. Energie verteuerte sich nach Berechnungen der Wiesbadener Behörde binnen Jahresfrist um 10 Prozent.
Ein Grund für diese überdurchschnittliche Steigerung ist ein sogenannter Basiseffekt: Vor einem Jahr waren die Rohölpreise mit Ausbruch der Corona-Krise wegen geringer Nachfrage auf dem Weltmarkt zeitweise eingebrochen. Seither haben sie sich erholt.
Zudem sind in Deutschland seit Januar 25 Euro Abgabe je Tonne Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Das treibt die Preise fürs Heizen und Tanken. Für Heizöl (plus 35,4 Prozent) und Kraftstoffe (plus 27,5 Prozent) mussten Verbraucher im Mai des laufenden Jahres deutlich tiefer in die Tasche greifen als ein Jahr zuvor.
Einer Auswertung des Buchungsportals Check24 zufolge sind die Preise für Strom, Gas und Heizöl im ersten Halbjahr 2021 teils kräftig gestiegen. Für Strom beispielsweise zahlt eine Familie mit 5000 Kilowattstunden Jahresverbrauch demnach aktuell durchschnittlich 1524 Euro – und damit so viel wie nie zuvor im betrachteten Zeitraum seit 2007. Heizöl habe sich gemessen an einer Bestellung von 2000 Litern seit dem Tiefststand im September (770 Euro) um 65 Prozent verteuert.
Ohne Berücksichtigung der Energiepreise hätte die Inflationsrate nach Berechnungen der Wiesbadener Statistiker im Mai 2021 bei 1,8 Prozent gelegen, ohne Heizöl und Kraftstoffe sogar nur bei 1,6 Prozent. Stattdessen hat die Teuerung in Deutschland nach zeitweise negativen Inflationsraten in der zweiten Jahreshälfte 2020 seit Beginn des laufenden Jahres stetig angezogen. Ein zweiter Preistreiber dabei: Die in der Corona-Krise für ein halbes Jahr gesenkte Mehrwertsteuer ist seit Januar wieder auf ihrem alten Niveau.
Im März hatte die Inflationsrate bei 1,7 Prozent gelegen, im April waren es dann schon 2,0 Prozent, im Mai nun 2,5 Prozent, wie das Bundesamt bereits Ende Mai anhand vorläufiger Daten errechnet hatte. So hoch war die jährliche Teuerungsrate in Europas größter Volkswirtschaft zuletzt im September 2011. Von April auf Mai 2021 stiegen die Verbraucherpreise den Angaben zufolge um 0,5 Prozent.
Der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI, den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Geldpolitik heranzieht, lag in Deutschland im Mai um 2,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats und um 0,3 Prozent über dem Stand von April 2021.
Die EZB strebt mittelfristig für den gesamten Euroraum eine Jahresteuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen aufschieben – in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.
In ihrer jüngsten Prognose geht die EZB davon aus, dass sie im laufenden Jahr ihrem Inflationsziel sehr nahe kommen wird: Die Währungshüter rechnen mit einem Anstieg der Teuerung in den 19 Eurostaaten um 1,9 Prozent. Im kommenden Jahr dürfte der Preisdruck nach Einschätzung der Notenbank dann wieder nachlassen, die EZB erwartet 2022 eine jährliche Preissteigerung von 1,5 Prozent.
In Deutschland werden Sondereffekte wie die CO2-Abgabe sowie die Rückkehr der Mehrwertsteuer zu ihrem alten Satz nach Einschätzung der Bundesbank im kommenden Jahr weniger stark durchschlagen. Demnach dürfte sich die Inflation hierzulande dann bei 1,8 Prozent bewegen.