Die globalen Lieferengpässe werden nach Einschätzung des Ifo-Instituts den Aufschwung in Deutschland bremsen. Die Münchner Ökonomen erwarten für dieses Jahr mit dem Ende der Corona-Krise noch ein Wachstum von 3,3 Prozent, wie das Institut mitteilte.
Das wären 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im März erwartet. Einen Dämpfer bedeuten nach Einschätzung des Konjunkturforschers Timo Wollmershäuser vor allem die Engpässe bei der Lieferung von Vorprodukten – damit gemeint sind unter anderem fehlende Chips für die Autoindustrie und der Nachschubmangel bei Baumaterialien.
Dafür könnte es im kommenden Jahr wesentlich kräftiger aufwärts gehen als ursprünglich gedacht. Für 2022 erhöhte das Ifo-Institut seine Wachstumsprognose um 1,1 Punkte auf 4,3 Prozent. Dessen ungeachtet sind die Münchner Ökonomen deutlich weniger optimistisch als die Bundesbank, die einen erheblich schnelleren Aufschwung erwartet – im kommenden Jahr sogar von über 5 Prozent. Denn anders als die Frankfurter Währungshüter rechnen Wollmershäuser und seine Kollegen nicht damit, dass die Bürger ihre Ersparnisse aus dem Krisenjahr 2020 nun mit vollen Händen ausgeben werden.
Bis Mitte des Jahrzehnts wird sich das Wirtschaftswachstum laut Ifo wieder deutlich verlangsamen, auf dann im Schnitt nur noch 0,7 Prozent im Jahr. «Das hat einzig und allein damit zu tun, dass wir sehr viele Abgänge aus dem Arbeitsleben in den nächsten Jahren sehen werden», sagte Wollmershäuser zur bevorstehenden Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation.
Ifo-Präsident Clemens Fuest warnte deswegen vor Steuererhöhungen, weil diese das Wachstum noch weiter abwürgen könnten. «Das würde die Entwicklung der privaten Investitionen, die wir brauchen, unmöglich machen oder jedenfalls sehr, sehr erschweren», sagte Fuest. «Deutschlands Zukunft hängt letztlich von der Entwicklung der privaten Investitionen ab.»
Für die nähere Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes gehen die Ifo-Forscher davon aus, dass sich die Lage aus Arbeitnehmersicht entspannt. Ende Mai waren geschätzt 2,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Für das kommende Jahr rechnen die Ökonomen mit nur noch 100.000 Kurzarbeitern, ebensowenigen wie vor Beginn der Krise. Die Arbeitslosigkeit könnte demnach von 2,7 Millionen Ende 2020 auf 2,4 Millionen zurückgehen.
Doch müssen sich Bürger und Unternehmen auf eine im Vergleich zum Vorjahr spürbare Teuerung einstellen. Für dieses Jahr erwartet das Ifo-Institut eine Inflationsrate von 2,6 Prozent, bedingt vor allem durch höhere Energiepreise und die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer. «Da werden wir die Spitze gegen Endes Jahres erreichen», sagte Wollmershäuser. Dass das demnächst auch höhere Zinsen nach sich zieht, glauben die Wissenschaftler nicht.