Gestiegene Kosten für Baumaterialien und die schwache Nachfrage der öffentlichen Hand belasten das Baugewerbe in Deutschland. Bauherren müssen sich nach Einschätzung der Branche auf weiter steigende Preise einstellen.
«Da wir die Preise für Baumaterialien nicht beeinflussen können, werden diese – wenn möglich – an die Auftraggeber weitergereicht werden müssen», sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbandes, am Mittwoch. Ein Ende des Preisanstiegs sei noch nicht in Sicht.
Müller verwies dabei auf Daten des Statistischen Bundesamtes, wonach allein die Erzeugerpreise für Betonstahl im Juli innerhalb eines Monats um 10,6 Prozent und für Bauholz um 15,2 Prozent stiegen.
Höhere Einkaufspreise erwartet
Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe rechnet in den nächsten Monaten weiter mit deutlich höheren Einkaufspreisen. «Die Bauunternehmen werden daher auch nicht umhin kommen, die Baupreise entsprechend weiter anzupassen», sagte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.
Die Auftragsbücher des Bauhauptgewerbes füllten sich im ersten Halbjahr des laufenden Jahres weiter. Bereinigt um Preiserhöhungen stieg der Auftragseingang gegenüber dem Vorjahreszeitraum nach Angaben der Wiesbadener Statistiker um 0,8 Prozent. Einschließlich der gestiegenen Preise wurde ein Plus von nominal 4,8 Prozent verbucht.
Vor allem der Wohnungsbau läuft rund. Die schwache Nachfrage der öffentlichen Hand habe die Entwicklung im ersten Halbjahr dagegen gebremst, beklagte die Branche. «Der Wegfall der Kompensation der Gewerbesteuerausfälle bei den Kommunen durch Bund und Länder hat zu einem Investitionsrückgang geführt, den die Bauunternehmen nun in ihren Büchern merken», erläuterte Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller. Besonders betroffen sei der Straßenbau mit einem Orderrückgang von 7,6 Prozent im ersten Halbjahr.
Politik bleibt gefordert
Ähnlich sieht das das Baugewerbe. «Die Investitionen von Bund, Ländern und Kommunen sind stark auf die Infrastruktur ausgerichtet. Insbesondere bei den Kommunen fehlen coronabedingt Mittel und damit auch die Investitionsbereitschaft», sagte Verbands-Geschäftsführer Pakleppa. «Die Politik bleibt hier gefordert, den Rettungsschirm aufzustocken.»
Im Juni erhielt das Bauhauptgewerbe nach Angaben der Wiesbadener Statistiker neue Aufträge im Wert von rund 8,3 Milliarden Euro. Das waren zwar nominal 0,4 Prozent mehr als im Juni 2020. Bereinigt um Preiserhöhungen und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitstage ergibt sich allerdings ein reales Minus von 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.
Die steigenden Kosten für Stahl, Holz und Co. machen sich auch bei den Umsätzen bemerkbar. In den ersten sechs Monaten ergibt sich nach Angaben der Bauindustrie ein Minus von 3,1 Prozent, preisbereinigt ein Rückgang der Erlöse von 6,9 Prozent gegenüber dem starken Vorjahreszeitraum.
Mehrwertsteuersenkung lief Ende 2020 aus
Auch die schlechte Witterung zu Jahresbeginn sowie Vorzieheffekte aufgrund des Auslaufens der Mehrwertsteuersenkung Ende 2020 schlugen den Angaben zufolge auf die Halbjahresbilanz durch. Kunden stellten größere Rechnungen noch im Dezember und nicht wie sonst üblich im Januar und Februar, um noch von den niedrigeren Steuersätzen zu profitieren. Das hatte die Umsätze in den ersten Monaten des Jahres gedrückt. «Wir merken aber auch, dass Lieferengpässe bei Baumaterialien zu Verzögerungen bei einzelnen Projekten geführt haben», berichtete Müller.
Dennoch zeigten sich die Bauunternehmer nach Angaben des Ifo Instituts im August etwas zufriedener mit den laufenden Geschäften. Zudem hellten sich ihre Erwartungen merklich auf. Insgesamt hatte sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft dagegen weiter eingetrübt.