Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) legt mit einem Streik bei der Deutschen Bahn seit den frühen Morgenstunden den Großteil des Zugverkehrs in Deutschland lahm. Bis Mittwochfrüh, 2.00 Uhr, müssen sich Millionen Reisende auf starke Einschränkungen vor allem im Fernverkehr einstellen.
Außer den Lokführern sind erneut auch Beschäftigte in der Verkehrssteuerung, etwa in den Stellwerken, aufgerufen, die Arbeit ruhen zu lassen. Ein Versuch der Bahn, den Streik mit einem weiteren Tarifvorschlag am Sonntag abzuwenden, war gescheitert. Der Konzern stellte unter anderem Verhandlungen über eine von der GDL geforderte Corona-Prämie für die Beschäftigten in Aussicht. Noch am Nachmittag lehnte Gewerkschaftschef Claus Weselsky das Angebot ab.
«Man muss doch wenigstens eine Zahl nennen», sagte er am Montagmorgen im ZDF-»Morgenmagazin. «Ich schicke meine Leute auf die Züge, um anschließend festzustellen, dass das Angebot für eine Corona-Prämie bei Eins ist? Das fällt aus.» Die GDL fordert neben 3,2 Prozent mehr Geld unter anderem auch eine Corona-Prämie in Höhe von 600 Euro. Weselsky betonte erneut, dass ein verbessertes Angebot der Deutschen Bahn Voraussetzung für weitere Verhandlungen sei.
Ein Viertel der Fernzüge soll fahren
Bahnsprecher Achim Stauß kritisierte am Montagmorgen die Absage der Gewerkschaft. «Das zeigt, der GDL geht es um einen politischen Kampf und nicht um eine Lösung am Verhandlungstisch.» Die GDL-Spitze richte Schaden an, «ohne Rücksicht auf die Fahrgäste, ohne Rücksicht auf den Großteil unserer Beschäftigten und ohne Rücksicht auf das Unternehmen DB. Das ist verantwortungslos.»
Die Bahn will bis zum Ende der Streikwelle erneut ein Grundangebot von rund einem Viertel der Fernzüge garantieren. Im Regional- und S-Bahnverkehr wird ein Fahraufkommen von etwa 40 Prozent der Bahnen erwartet. Der Notfahrplan sei am Morgen «stabil angelaufen», teilte der Konzern am Montag mit. «Trotz des verlässlichen Grundangebots kann die DB nicht garantieren, dass alle Reisenden wie gewünscht an ihr Ziel kommen», hieß es weiter. Wer könne, solle seine Reise auf die Zeit nach dem Streik verschieben. Bereits am Samstag hatte die GDL mit dem Streik im Güterverkehr begonnen.
Der Konzern geht davon aus, dass sich der Fernverkehr im Laufe des Mittwochs nach Streik-Ende wieder normalisieren wird. Es ist bereits die zweite Streikwelle im laufenden Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL. Vor rund zwei Wochen hat die Gewerkschaft bereits zwei Tage lang große Teile des Personenverkehrs lahmgelegt. Dieses Mal hatten die Reisenden allerdings länger Zeit, sich auf den Arbeitskampf einzustellen. GDL-Chef Weselsky hatte die Streikaktionen am Freitag angekündigt.
Es geht nicht nur ums Geld
In dem Tarifstreit geht es unter anderem um mehr Geld für die Beschäftigten. Über die Höhe der künftigen Löhne und Gehälter sind sich beide Seiten einig: 3,2 Prozent mehr soll es geben. Aber über den Zeitpunkt der Auszahlung besteht Uneinigkeit. Offen sind außerdem Fragen zur Betriebsrente, die Höhe einer möglichen Corona-Prämie für die Beschäftigten sowie der Einflussbereich der GDL.
Nicht zuletzt geht es der Gewerkschaft in der Auseinandersetzung auch um den eigenen Einfluss im Konzern, den sie durch das sogenannte Tarifeinheitsgesetz gefährdet sieht. Das Gesetz sieht vor, dass in einem Betrieb mit zwei konkurrierenden Gewerkschaften nur die Tarifverträge der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung zur Anwendung kommen. Bei den Betrieben der Deutschen Bahn ist das in der Regel die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).