• Fr. Nov 22nd, 2024

Conti-Finanzchef muss gehen

Der bisherige Continental-Finanzvorstand Wolfgang Schäfer muss das Vorstandsmandat mit sofortiger Wirkung niederlegen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Julian Stratenschulte/dpa)

Continental trennt sich angesichts der anhaltenden Ermittlungen zur Diesel-Abgaskrise von seinem langjährigen Finanzchef Wolfgang Schäfer.

Der Aufsichtsrat habe in einer Sondersitzung zugestimmt, dass der 62-Jährige das Vorstandsmandat bei dem Autozulieferer mit sofortiger Wirkung niederlege, hieß es am Mittwochabend aus dem Dax-Konzern in Hannover. Schäfer saß seit 2010 in der Führungsetage. Er war dort zuletzt unter anderem auch für Controlling und die Einhaltung rechtlicher Standards zuständig.

Staatsanwälte haben bei der weiteren Aufarbeitung des Abgasskandals, der 2015 zuerst bei VW aufgeflogen war, bereits länger zusätzlich Conti-Ingenieure im Blick. Es kam zu mehreren Razzien. Parallel dazu schob der Zulieferer eine eigene interne Untersuchung an. Deren Ergebnisse sollen nun der Hauptgrund dafür sein, dass Schäfer gehen muss. Sein Vertrag wäre eigentlich noch bis Ende 2024 gelaufen.

«Defizite» bei der Aufklärung

Im Rahmen der Prüfung einer möglichen Mitverantwortung für das Entstehen von «Dieselgate» durch illegale Abschalt-Software seien «Defizite bei der andauernden Aufklärung» zutage getreten, teilte Continental mit. Kommissarisch soll nun Vorstandschef Nikolai Setzer die Ressorts von Schäfer übernehmen, die Aufgaben auf der Ebene darunter führt vorerst die Managerin Katja Dürrfeld fort.

Zum aktuellen Stand des Justizverfahrens und einem etwaigen direkten Zusammenhang mit der «personellen Veränderung» wollte sich Conti nicht äußern. Über die dauerhafte Nachfolge Schäfers müsse noch entschieden werden. Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle bekräftigte: «Den vorliegenden Sachverhalt klären wir konsequent und vollumfänglich auf und kooperieren rückhaltlos mit der Staatsanwaltschaft Hannover.»

Die Ermittlungen der Strafverfolger drehen sich um die Rolle einiger Conti-Mitarbeiter bei der Entwicklung mutmaßlicher Betrugssoftware für Motorsteuergeräte. Die Vorwürfe reichen zurück bis ins Jahr 2006. Auch gegen den Konkurrenten Bosch liefen Untersuchungen.

Mitearbeiter verwickelt?

Im Fall von Continental lautet ein Verdacht, dass ehemalige und teils noch aktive Beschäftigte der einstigen Siemens-Autotechnik-Tochter VDO – 2007 für einen zweistelligen Milliardenbetrag übernommen – in die Affäre um millionenfach manipulierte Abgasdaten verwickelt sein könnten. Sie sollen demnach womöglich den Auftrag für die Steuerung der 1,6-Liter-Ausgabe des Skandalmotors EA 189 im Wissen angenommen haben, dass VW damit betrügerische Absichten verfolgen wollte.

Continental wies eine Beteiligung an illegalen Machenschaften zurück. Vielmehr hätten sich jeweils gültige Abgas-Grenzwerte «grundsätzlich einhalten lassen», hieß es nach einer Durchsuchungswelle in mehreren Firmen und Bundesländern im vorigen Jahr. Laut Staatsanwaltschaft ging es indes um Beihilfe zum Betrug bei sieben Ingenieuren und zwei Projektleitern. Dazu kamen Ermittlungen wegen Falschbeurkundung.

Ein zentraler Bezugspunkt ist das Strafverfahren im benachbarten Braunschweig. Dort sind neben dem früheren Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn zahlreiche weitere Personen angeklagt. Der Betrugsprozess lief dort im September an, Winterkorn bleibt wegen medizinischer Probleme allerdings bisher außen vor.

Es werde überdies Hinweisen nachgegangen, dass die Dokumentation der Software beeinflusst wurde, hieß es bei der Justizbehörde. Beschäftigte der späteren Conti-Automotive-Sparte könnten «Wünschen von VW entsprochen» haben, eine verbotene Abschalteinrichtung herzustellen. Abgeschlossen sind die Ermittlungen noch nicht.

Die VW-Dieselaffäre war im September 2015 zuerst in den USA ans Licht gekommen. Der zweitgrößte Autokonzern der Welt hatte manipulierte Reinigungssysteme in Fahrzeuge eingebaut, die in Tests niedrigere Stickoxid-Emissionen anzeigten als im tatsächlichen Straßenverkehr. Der Konzern stürzte in eine tiefe Krise, die inzwischen weit über 30 Milliarden Euro kostete. Viele zivil- und strafrechtliche Verfahren folgten – die gesamte Autoindustrie büßte stark an Vertrauen ein.