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Deutsche Bahn: Soll der Staatskonzern zerschlagen werden?

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Nov 6, 2021
Ein doppelstöckiger Regionalzug der Deutschen Bahn (DB) fährt durch einen Bahnhof. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jonas Walzberg/dpa)

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP ist die Debatte um eine Aufspaltung der Deutschen Bahn wieder aufgeflammt.

«Die neue Bundesregierung sollte die vertikale Separierung der Deutschen Bahn AG in Angriff nehmen, das heißt eine Trennung der Infrastruktur vom eigentlichen Bahnbetrieb», sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, am Freitag der «Süddeutschen Zeitung».

In den laufenden Verhandlungen über eine künftige Regierung gibt es dem Vernehmen nach in der Arbeitsgruppe Mobilität unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Struktur des bundeseigenen Konzerns – was aber mit einem Blick auf die bisherigen Positionen der Parteien nicht überraschend ist.

Pläne für Teilprivatisierung

Pläne vor allem der FDP würden faktisch eine Zerschlagung bedeuten. Auch die Liberalen wollen Infrastruktur und Bahnbetrieb trennen, wie es im Wahlprogramm heißt. Der Betrieb soll privatisiert werden, das Netz im Eigentum des Bundes bleiben. Eine Zerschlagung will aber die SPD nicht mitmachen, die traditionell gute Verbindungen ins Gewerkschaftslager hat.

Über die generelle Ausrichtung des Transportriesen, der seit 1994 als bundeseigene Aktiengesellschaft unterwegs ist, wird seit Jahren gestritten. Erst im August hatten Wettbewerber der Bahn in einem gemeinsamen Positionspapier mit der Baubranche das Thema mit Forderungen nach einer Aufspaltung von Netz und Betrieb wieder aufgebracht.

Derzeit gehört die Gleis-Infrastruktur in Deutschland zur Bahn-Tochter DB Netz. Sie ist für Betrieb und Ausbau des Netzes verantwortlich. Das finanziert das Unternehmen aus den Trassenentgelten, die die Eisenbahnunternehmen für die Nutzung der Gleise zahlen müssen. Eine Schienenmaut, die auch für die Verkehrsunternehmen der Deutschen Bahn anfällt.

Einschränkungen befüchtet

Gegner dieser Struktur kritisieren, dass die Bahn beim dringend notwendigen Ausbau der Gleisinfrastruktur in Deutschland durch betriebswirtschaftliche Erwägungen eingeschränkt sei. Der Kosten-Nutzen-Faktor entscheide, ob eine Strecke gebaut werde oder nicht. «Das ist der entscheidende Grund, warum es Sinn macht, das zu trennen», sagt etwa Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn.

Der Bund könne als Eigentümer des Netzes freier über Investitionen in die Infrastruktur entscheiden. Außerdem sei er bei der Finanzierung nicht an die Trassenentgelte gebunden und könne diese absenken, sagt Naumann. Bahnunternehmen könnten sich dann mehr Verkehr auf der Schiene leisten und die Verkehrswende voranbringen. Auch die Grünen haben in ihr Wahlprogramm das Ziel aufgenommen, die Infrastruktur «vom Druck, Gewinne erzielen zu müssen», zu befreien.

«In fast allen Netzwirtschaften – Gas, Strom, Post, Telefonie, Internet, Luftverkehr – haben wir seit langem eine Trennung zwischen dem Netz als einem natürlichen Monopol und den Dienstleistungen auf dem Netz, die im Wettbewerb erbracht werden», teilte am Freitag der Präsident des Wettbewerberverbands Mofair, Tobias Heinemann, mit. «Bei der Eisenbahn sind wir aber in den Neunzigerjahren stehen geblieben.»

Stillstand der Verkehrswende?

Doch es gibt auch viele Gegner einer Aufspaltung, die vor allem in der Privatisierung des Bahnbetriebs eine Verschlechterung des Zugverkehrs sehen. Eine Zerschlagung der Bahn «würde einen Stillstand bei der Verkehrswende bedeuten», teilte etwa der stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, der Deutschen Presse-Agentur mit. «Diese Zeit haben wir nicht. Die Politik muss jetzt die Schiene voranbringen und Geld in die Hand nehmen.»

Ähnlich äußerte sich die Linke: «Die von Grünen und FDP geforderte Zerschlagung der Bahn ist ein Irrweg», teilte Parteichefin Janine Wissler mit. «Schiene und Zugbetrieb gehören zusammen. Mehr Wettbewerb und Privatisierung sind nicht die Lösung, überall in Europa hat das zu massiven Problemen geführt.»

Auch die Bahn selbst betont stets die Vorzüge eines integrierten Konzerns, auch wenn sich dort am Freitag auf Anfrage niemand zu der Thematik aktuell äußerte. Im August hatte ein Sprecher gesagt, erfolgreiche Eisenbahnen arbeiteten integriert. «Wieso sollten wir in Deutschland einen schlechten Sonderweg gehen und das Bahnsystem zudem mit jahrelangen politischen Diskussionen lähmen, anstelle den Klimaschutz voranzutreiben?»

Von Andreas Hoenig und Matthias Arnold, dpa