Tarifbeschäftigte erhalten in Deutschland häufiger und mehr Weihnachtsgeld als die übrigen Arbeitnehmer.
87,2 Prozent aller Tarifbeschäftigten haben in diesem Jahr Anspruch auf eine entsprechende Sonderzahlung zum Jahresende, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Die Zahlung beträgt im Schnitt 2677 Euro, was eine Steigerung um 1,9 Prozent seit dem Vorjahr darstellt.
Im Westen ist das durchschnittliche Weihnachtsgeld mit 2695 Euro rund 5,5 Prozent höher als im Osten, wo 2554 Euro gezahlt werden. Dafür haben dort anteilig etwas mehr Tarifbeschäftigte (88 Prozent) einen Anspruch als im Westen (87 Prozent).
Da die Zahlungen in den jeweiligen Tarifverträgen vereinbart sind, fallen sie äußerst unterschiedlich aus. Sie reichen in den untersuchten Vereinbarungen von 5651 Euro (Kokerei und Mineralölverarbeitung) bis zum niedrigsten Wert von 301 Euro, den Leiharbeiter im Schnitt erhalten. Auch im Gastgewerbe werde mit durchschnittlich 861 vergleichsweise wenig Weihnachtsgeld gezahlt. Hohe Weihnachtsgelder sind auch bei der Energieversorgung (5171 Euro) und in der Chemie-Industrie (5369 Euro) vereinbart.
Tarifverträge gelten aber längst nicht für alle Arbeitnehmer in Deutschland. 47 Prozent der westdeutschen und 57 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten arbeiteten 2020 in Betrieben, in denen es keinen Tarifvertrag gab, hatte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Mai festgestellt. Es gibt allerdings eine große Zahl von Betrieben, die ihre Zahlungen an Tarifverträgen orientieren, ohne aber verbindlich daran gebunden zu sein.
Ohne Tarifvertrag sinken die Chancen auf fest vereinbarte Sonderzahlungen. Laut einer Untersuchung des gewerkschaftlichen WSI-Tarifarchivs hatte im vergangenen Jahr nur rund die Hälfte der Arbeitnehmer einen Anspruch. «Ein Tarifvertrag ist der beste Garant dafür, Weihnachts- oder Urlaubsgeld zu erhalten. Wir wissen aus regelmäßigen Befragungen, dass Beschäftigte mit Tarifvertrag solche Sonderzahlungen etwa doppelt so häufig bekommen wie Beschäftigte, die nicht nach Tarif bezahlt werden», sagte WSI-Leiter Thorsten Schulten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund erhofft sich von der kommenden Bundesregierung eine Stärkung der seit Jahren schwindenden Tarifbindung. So sollten öffentliche Aufträge nur an Unternehmen gehen, in denen Tarifverträge gelten. Zudem müsse es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären.