Auf der Suche nach zusätzlichen Milliarden für den Ausbau der Elektromobilität nimmt der VW-Konzern jetzt einen Börsengang seiner Renditeperle Porsche konkret in den Blick.
Seit Jahren liefert die Sport- und Geländewagenmarke aus Stuttgart einen großen Beitrag zum Gewinn der größten Autogruppe Europas. Ob Anteile der Porsche AG für den öffentlichen Handel am Finanzmarkt freigegeben werden, hatten Eigentümer und Management bisher unklar gelassen.
Nun teilten die Volkswagen AG und die Porsche Holding SE (PSE) mit, es liefen «fortgeschrittene Gespräche» über einen möglichen Börsengang der Porsche AG. VW und die Porsche SE hätten eine Eckpunktevereinbarung dazu verhandelt – als Basis für weitere Schritte. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.
Die PSE verwaltet vor allem die Anteile der Eigentümerfamilien am VW-Konzern. Eine wichtige Klammer zwischen beiden Seiten bildet VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der mit dem Porsche/Piëch-Clan eng vernetzt ist und auch der PSE vorsteht.
Geld für Volkswagens Kasse?
Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess soll schon länger mehrere Optionen sondieren, um Extra-Kapital für Investitionen in die Kasse zu bekommen. Bereits heute ist eine hohe zweistellige Milliardensumme für die nächsten fünf Jahre verplant, wenn man allein die Projekte für E-Autos, Software und Digitalplattformen berücksichtigt.
Sollten Porsche-Aktien aufs Parkett kommen, könnte dies neben der eigenen Finanzkraft den Börsenwert der Volkswagen AG steigern. Im Vergleich zum US-Rivalen Tesla dümpelten die deutschen Branchenschwergewichte daran gemessen zuletzt eher im internationalen Mittelfeld vor sich hin. Um das zu ändern, könnte die lukrative Tochter eine wichtige Rolle spielen. In der Porsche AG ist das operative Geschäft mit Modellen wie dem 911er, Cayenne oder Elektroboliden Taycan gebündelt.
Pläne beflügeln die Kurse
Investoren machen immer wieder Druck für eine Verselbstständigung von Porsche, weil der Wert der Marke unter dem Konzerndach nicht genügend zur Geltung komme. Die offizielle Bekanntgabe der Beratungen ließ die Kurse der bestehenden Aktien am Dienstag deutlich ansteigen. Schon vor einem Jahr hatten sich Gerüchte um einen Porsche-Börsengang verdichtet und mit für einen Höhenflug der VW-Papiere gesorgt. In den Monaten danach ging es jedoch wieder abwärts.
Die PSE ist das institutionelle Machtzentrum im Wolfsburg-Stuttgarter Geflecht. Sie wird direkt von den Porsches und Piëchs kontrolliert – und der aktuelle Generationswechsel könnte noch viel Bewegung in die strategische Ausrichtung bringen. Zurzeit besitzt die Holding gut 53 Prozent der Stimmrechte am VW-Konzern. Die Porsche AG hatte sich mit dem viel größeren Autobauer VW 2008 einen Übernahmekampf geliefert, am Ende drehten die Niedersachsen den Spieß um und schluckten ihrerseits den Angreifer aus dem Südwesten. Dafür hatten die beiden Familien im Gegenzug die Mehrheit an dem damals neu geschmiedeten Autoriesen bekommen.
Porsche–IPO soll VW-Papiere «antreiben»
Mit seinen beiden Oberklassetöchtern Audi und Porsche fährt der VW-Konzern die größten Gewinne ein. Insbesondere Porsche glänzt dabei mit hohen Renditen, was Aktien auch für bisher Außenstehende interessant machen könnte. So rechnen es sich zumindest die großen Profi-Investoren aus. Die Analyse geht so: Wird Porsche an der Börse einzeln bewertet, könnte der Wert des Autobauers aus Stuttgart-Zuffenhausen freier zur Entfaltung kommen und auch den VW-Aktien selbst einen Schub geben.
Letzteres wäre ebenso im Interesse von Diess, der Volkswagen gern in die Nähe von Börsen-Stars wie Tesla katapultiert sehen würde. Beim großen Wettbewerber aus den USA schienen die Erwartungen aus Sicht mancher Beobachter teils aber schon etwas überzogen, im Herbst war Tesla über eine Billion US-Dollar wert. Zurzeit kommt der VW-Gesamtkonzern einschließlich des starken Anstiegs nach der VW-Mitteilung lediglich auf rund 115 Milliarden Euro.
Die Schaffung finanzmarktnotierter Ableger großer Konzerne ist im Trend. So trennte der VW-Konkurrent Daimler gerade sein Geschäft mit Lastwagen und Bussen von der Pkw-Sparte ab. Die Logik: Separat betrachtet sind beide Einheiten beweglicher und am Ende profitabler.
Sportwagenbauer auch in der Krise erfolgreich
Selbst im vergangenen Jahr, das von der Halbleiterkrise belastet war, konnte Porsche die globalen Auslieferungen um elf Prozent auf rund 302.000 Autos steigern. Dieses Jahr peilt Vertriebschef Detlev von Platen einen weiteren Zuwachs an. Im Gegensatz dazu gingen die Verkäufe der Kernmarke VW Pkw um acht Prozent zurück.
Die Eigentümerfamilien könnten mit einem Porsche-Börsengang wieder mehr direkten Zugriff auf den Autobauer mit ihrem Namen bekommen. In der Diskussion soll auch eine Sperrminorität sein. Am Dienstag erklärte die PSE sogleich, im Fall eines Börsengangs auch Stammaktien der Porsche AG erwerben zu können.