Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat für die geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro als sozialstaatlich geboten geworben. Auch angesichts der aktuellen Preisentwicklung sei der Schritt wichtig, sagte Heil bei der ersten Lesung seines Gesetzentwurfs im Bundestag.
So werde verhindert, dass Millionen Menschen den Anschluss an die arbeitende Mitte verlieren. Wer Vollzeit zum Mindestlohn arbeite, verdiene bisher brutto rund 1700 Euro und nach der Erhöhung rund 2100 Euro, so Heil. Mit der Erhöhung auf 12 Euro zum 1. Oktober will die Koalition ein Wahlversprechen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) umsetzen.
Mindestlohn muss bei Menschen ankommen
Der Unions-Arbeitsmarktpolitiker Stephan Stracke (CDU) mahnte, dass der erhöhte Mindestlohn auch tatsächlich bei den Menschen ankommen müsse. Dazu müsse die Koalition das Steuerrecht ändern, etwa durch die Abschaffung der sogenannten kalten Progression. Der AFD-Abgeordnete Jürgen Pohl verwies auf die Inflation und kritisierte: «Der bisher stärkste Mindestlohnanstieg von 22 Prozent wird alsbald von der Teuerung aufgefressen.»
Heil bezeichnete den Mindestlohn seit seiner Einführung als Erfolgsmodell. Die Arbeitgeber, deren Spitzenvertreter Anfang der Woche erneut harte Kritik an den Gesetzesplänen geäußert hatten, hätten hinreichend Vorlauf bis zur Umsetzung des Schritts im Oktober. Der Grünen-Arbeitsmarktexperte Frank Bsirske sagte, derzeit befinde sich Deutschland beim Mindestlohnniveau im EU-Vergleich abgeschlagen auf einem der letzten Plätze. Bsirske und Heil kündigten über den Mindestlohn hinaus neue Schritte zur Stärkung der Tarifbindung an.
Nächste Erhöhungsstufe für 2024 geplant
Zum 1. Juli 2022 steigt der Mindestlohn turnusgemäß auf 10,45 Euro pro Stunde. Der Gesetzentwurf begründet die geplante außerplanmäßige Erhöhung drei Monate später auch mit steigenden Lebenshaltungs- und Wohnkosten. Laut dem Gesetzentwurf soll über künftige Anpassungen wieder die Mindestlohnkommission entscheiden. Die nächste Erhöhungsstufe ist für 1. Januar 2024 vorgesehen.
Auch die Grenze für Minijobs wird von 450 auf 520 Euro angehoben – vom 1. Oktober an sollen Monatsverdienste bis zu der neuen Grenze für Beschäftigte steuer- und sozialabgabenfrei bleiben. Der FDP-Sozialexperte Pascal Kober wies auf diesen für seine Partei besonders wichtigen Punkt hin. Viele Minijobberinnen und Minijobber hätten nun die Möglichkeit für etwas mehr Geld. Auch bei künftigen Mindestlohnerhöhungen werde die Grenze angehoben.
Die Linke-Arbeitsmarktexpertin Susanne Ferschl kritisierte die Anhebung der Minijobgrenze: «Insbesondere Grüne und SPD wissen doch ganz genau, dass Minijobs ein Paradebeispiel für prekäre Beschäftigung sind.»