• So. Nov 24th, 2024

Bafin: Ukraine-Krieg lässt Risiko von Cyberattacken steigen

Die Bafin hält die Gefahr, dass Finanzunternehmen Opfer von Cyberangriffen werden könnten, für sehr groß. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Boris Roessler/dpa)

Die Gefahr von Cyberangriffen auf deutsche Finanzunternehmen ist nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin gestiegen – das Risiko von Kreditausfällen wächst. Die Behörde warnt vor mittelfristigen Risiken für die Stabilität des deutschen Finanzsystems infolge des Ukraine-Krieges.

«Die direkten Auswirkungen des Kriegs und der gegen Russland und Belarus verhängten Sanktionen dürften – Stand jetzt – für das deutsche Finanzsystem verkraftbar sein», sagte der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Mark Branson, in Frankfurt. Die unmittelbaren Verflechtungen mit diesen Ländern und der Ukraine seien begrenzt.

«Problematisch könnten die schwer einschätzbaren Zweit- und Drittrundeneffekte werden», sagte Branson. Der Krieg bremse das globale Wirtschaftswachstum, heize die Preise von Gas, Öl und anderen Rohstoffen und damit die Inflation an und verschärfe Lieferengpässe, unter denen die deutsche Wirtschaft seit Beginn der Corona-Pandemie leidet. Ein wirtschaftlicher Abschwung könnte die Folge sein und damit eine steigende Arbeitslosigkeit. «Das Risiko für Kreditausfälle stiege – und damit gegebenenfalls der Abschreibungsbedarf», erläuterte der Bafin-Präsident.

Cyberkriminalität bereitet Sorgen

Als sehr groß und sehr präsent bezeichnete Branson die Gefahr, dass Finanzunternehmen Opfer von Cyberangriffen werden könnten. «Die Cyberkriminalität ist eine wahnsinnig organisierte und profitable Schattenindustrie geworden», sagte der Bafin-Präsident. Durch Russlands Angriff auf die Ukraine sei das Risiko von Cyberattacken gestiegen, auch weil es dort staatsnahe Akteure gebe. Die Sicherheit in diesem Punkt zu verbessern, werde eine ständige Anstrengung bleiben.

Unabhängig vom Ukraine-Krieg sieht die Aufsicht weitere Risiken für das deutsche Finanzsystem. Als ein Beispiel nannte Branson die Immobilienmärkte, auf denen sich wegen der starken Nachfrage nach Wohnimmobilienkrediten Risiken «aufgetürmt» hätten. «Wenn die Zinsen steigen, lässt die Nachfrage nach Wohnimmobilien nach. In der Folge könnten deren Preise sinken – und damit der Wert der Sicherheiten.»

Kreditinstitute brauchen zusätzlichen Kapitalpuffer

Die Aufsicht hat bereits strengere Regeln für Geldhäuser auf den Weg gebracht. Deutschlands Banken müssen als Vorsorge für mögliche Rückschläge etwa auf dem Immobilienmarkt in den nächsten Monaten einen zusätzlichen Kapitalpuffer ansparen. Zum 1. April wurde zudem ein zusätzlicher Puffer eingeführt, der spezifisch Wohnimmobilienkredite absichert. Kritik an den strengeren Regeln wies Branson zurück: «Eine Kreditklemme sehe ich überhaupt nicht.» Weiteren Handlungsbedarf schloss Branson nicht aus.

Eine weitere Baustelle aus Sicht der Bafin: Das Dauerzinstief, das an den Erträgen der Kreditinstitute nagt und Lebensversicherungen sowie Pensionskassen belastet. Zwar sind die Marktzinsen zuletzt gestiegen, und im Euroraum zeichnet angesichts der Rekordinflation die erste Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Jahren ab. Allerdings bergen auch Zinserhöhungen Risiken. «Ein abrupter und kräftiger Zinsanstieg könnte die Banken in Schwierigkeiten bringen», sagte Branson. «Ihre kurzfristig angelegten Refinanzierungen würden plötzlich teurer, während ihre Zinseinkünfte aufgrund langer Zinsbindungen langsamer stiegen.»

Geldwäsche unterschätzt

Sorgen bereitet der Aufsicht auch das Thema Geldwäsche. «Wenn Finanzunternehmen in der Prävention zu lasch unterwegs sind, können die finanziellen Folgen und die Reputationsschäden immens sein, wenn nicht gar existenzgefährdend», mahnte Branson. Das Thema sei in den vergangenen Jahren eher unterschätzt worden, inzwischen sei die Sensibilität dafür aber gestiegen.

Branson, der zuvor die Schweizer Finanzaufsicht Finma führte, hatte die Leitung der Bafin im August von Felix Hufeld übernommen, der im Zuge des Wirecard-Skandals seinen Posten räumen musste. Im Fall von Wirecard war weder der Bafin noch den Wirtschaftsprüfern von EY der mutmaßlich über Jahre laufende Milliardenbetrug des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters aufgefallen.