Vorstand und Aufsichtsrat des VW-Konzerns wollen die Aktionäre heute genauer über die Lage beim größten deutschen Unternehmen ins Bild setzen.
Themen der online veranstalteten Hauptversammlung, zu der die Anteilseigner ihre Fragen abermals vorher einreichen mussten, dürften vor allem der weitere Kurs und die Erwartungen des Managements angesichts der verschiedenen Krisen sein, die Wirtschaft und Politik in Europa unter Druck halten.
Der Krieg in der Ukraine, die damit verbundene Gefahr von noch stärker erhöhten Energiepreisen, größeren Zerstörungen und gekappten Lieferketten treiben auch Volkswagen um. Außerdem sind Konjunktur und Welthandel von neuen Corona-Lockdowns im Hauptmarkt China belastet. Der Jahresverlauf ist schwierig kalkulierbar, Grundmaterialien wie Halbleiter und Rohstoffe könnten knapp bleiben oder knapper werden.
Diess: «Umbau geht kraftvoll voran»
Bisher hält der Konzern den Abwärtsrisiken nicht zuletzt dank seines guten Geschäfts mit Oberklasseautos und mit weiteren Kostenkürzungen stand. Im ersten Quartal verdiente er rund 6,7 Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie Anfang 2021. Vorstandschef Herbert Diess kündigte in einem vorab veröffentlichen Auszug seines Redetextes an: «Unter erneut erschwerten Umständen in 2022 geht der Umbau kraftvoll voran.»
Einige Aktionäre haben aber auch kritische Fragen an die Führung. So will ein großer Investor über den neuerlichen Krach zwischen Diess und dem Betriebsrat im vorigen Jahr sprechen. Zudem wird auf mögliche Interessenkonflikte nach einem Börsengang der Porsche AG verwiesen. Der angepeilte Formel-1-Einstieg, die Strategie in China und die Lage bei der Software-Sparte Cariad sollen ebenfalls thematisiert werden.
Die Eigentümer müssen unter anderem dem Bericht zur Bezahlung der Vorstände und Aufseher in einer neuen Systematik zustimmen. 2021 war ein verändertes Modell für Top-Gehälter beschlossen worden. Es sieht etwa vor, dass ein Teil der Boni von der Erreichung von Umweltzielen, Sozialstandards sowie der Qualität der Unternehmensführung abhängt.
Wechsel in Katar
Bei dem digitalen Eigentümertreffen steht darüber hinaus ein personeller Wechsel im Aufsichtsrat an. Das Golf-Emirat Katar – drittwichtigster Großaktionär der VW-Gruppe – hat vorgeschlagen, einen seiner beiden Vertreter auszutauschen. Zur Wahl steht der Chef des katarischen Staatsfonds (QIA), Mansur bin Ibrahim Al-Mahmud, dessen Unternehmen mehrere milliardenschwere Beteiligungen verwaltet.
Für ihn hat Hussain Ali Al-Abdulla die Mitgliedschaft im Wolfsburger Kontrollgremium nach gut zwölf Jahren niedergelegt, Volkswagen gab persönliche Gründe des Staatsministers aus Doha an. Die Arbeitnehmerseite hat bereits drei Aufsichtsratsmandate neu besetzt.