Der Volkswagen-Konzern hat im ersten Halbjahr trotz der Lieferprobleme bei Mikrochips und Corona-Einschränkungen in China einen Gewinnsprung hinlegen können. Das Ergebnis nach Steuern stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwas mehr als ein Viertel auf 10,6 Milliarden Euro, wie die Wolfsburger mitteilten.
Das zweite Quartal, in dem Lockdowns Produktion und Verkäufe auf dem wichtigsten Markt in Asien ausbremsten, drückte für sich genommen mit einem Ertragsrückgang um 22 Prozent aufs Geschäft. Der Absatz von Elektroautos zog aber an. Auch in Hannover, in Emden und im US-Werk Chattanooga wird nun die ID-Reihe gefertigt.
Finanzvorstand Arno Antlitz sagte, Europas größte Autogruppe habe ungeachtet «beispielloser globaler Herausforderungen beachtliche finanzielle Robustheit bewiesen». Für die zweite Jahreshälfte geht er von einer Entspannung der Lieferketten-Probleme aus. In China habe schon gegen Ende des zweiten Quartals spürbare Erholung eingesetzt.
«Allerdings lassen sich die konkreten Auswirkungen der Entwicklungen des Kriegs in der Ukraine oder der Covid-19-Pandemie (…) im Geschäftsjahr 2022 weiterhin noch nicht abschließend beurteilen», schränkte Volkswagen in seinem Ausblick ein. Zum Jahresbeginn hatten vor allem die besonders profitablen Oberklasse-Marken den Konzern durch die angeschlagene globale Autokonjunktur getragen.
Ertragsperlen Audi und Porsche
Das Betriebsergebnis von Audi verbesserte sich in der ersten Jahreshälfte von rund 3,3 Milliarden auf 5 Milliarden Euro, bei Porsche von 2,7 Milliarden auf 3,3 Milliarden Euro. Für die Kernmarke VW Pkw blieben knapp 1,9 Milliarden Euro übrig, nach 1,2 Milliarden Euro vor einem Jahr.
Der Konzernumsatz kletterte um 2 Prozent auf 132,3 Milliarden Euro. Dabei spielte auch die erstmalige Einbeziehung des US-Lkw-Bauers Navistar, den VW 2021 übernommen hatte, eine Rolle. Über alle Marken und Regionen gesehen nahmen die Auslieferungen um mehr als 22 Prozent auf etwa 3,88 Millionen Fahrzeuge ab. Die Produktion ging nicht im gleichen Ausmaß zurück – ein Teil der Autos staut sich wegen der Schwierigkeiten im Teileeinkauf und Absatz weiter in den Werken.
Weitere Batteriezellfabriken geplant
Die Gewinne will der Konzern in den Umbau zu mehr E-Mobilität, eigener Software und Dienstleistungen stecken. Weitere elektrische Modelle sollen folgen, und nach dem Baustart der Batteriezellfabrik in Salzgitter Anfang Juli treibt VW die Planungen für die nächsten Zellwerke voran. Der Rückkauf von Europcar soll außerdem genutzt werden, um das Netzwerk der Mobilitätsdienste von Shuttle-Services über Carsharing bis zu Abo- und Mietangeboten auszubauen.
In der Entwicklung selbstprogrammierter IT-Systeme für künftige Autos hakte es zuletzt. Abstimmungsprobleme kosten viel Geld, verzögerten geplante Modellanläufe und sollen mit zur Ablösung von Konzernchef Herbert Diess zum 1. September geführt haben. Im zweiten Quartal habe die zuständige Konzernsparte Cariad bei Software-Updates für die bestehende Fahrzeugflotte deutliche Fortschritte gemacht, hieß es. Der Verlust im laufenden Geschäft verdoppelte sich aber nahezu von 502 Millionen auf 978 Millionen Euro.
Verteuerung von Energie bereitet Sorgen
Die zwischenzeitlich stockende Versorgung mit Kabelbäumen wurde laut VW «erfolgreich gemanagt und ist wieder weitgehend auf einem normalen Niveau». Viele Hersteller waren ab Ende Februar nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine unter Druck geraten, weil Zulieferer im Westen des Landes ihre Produktion vorläufig einstellen mussten – mit entsprechendem Leerlauf bei Kunden aus der Autobranche. Die Verteuerung von Energie macht Volkswagen weiter Sorgen.
Das um Sonderkosten für die Dieselaffäre bereinigte operative Ergebnis fiel im zweiten Quartal um 28 Prozent auf 4,74 Milliarden Euro. Dabei wogen spezielle Bewertungseffekte vor allem für die Rohstoffabsicherung schwer. Solche Geschäfte gehen Unternehmen ein, um weitere Preisausschläge oder Mengeneinbrüche bei wichtigen Ressourcen abzufedern. Sie schlugen bei VW allein von April bis Juni mit 2,4 Milliarden Euro zu Buche, nachdem sie das operative Ergebnis im ersten Quartal aufgehübscht hatten. Die Zahl der Beschäftigten sank bis Ende Juni um 0,7 Prozent auf 668 000.