Die umstrittene Gasumlage zur Stützung großer Gasimporteure steht angesichts einer möglichen Verstaatlichung des angeschlagenen Versorgers Uniper auf dem Prüfstand.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur «finanzverfassungsrechtliche Zweifel». Auch soll Habeck demnach angedeutet haben, dass der Finanzierungsbedarf für die Gasversorger deutlich höher liege als noch bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets für Uniper.
Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage «die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates» brauche, die nötig sei, heißt es nach dpa-Informationen. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege aber dem Finanzministerium. Zuvor hatte das ARD-Hauptstadtbüro über die Bedenken Habecks berichtet. Nach einem Bericht von «Business Insider» gilt die Einführung der Gasumlage aber auch bei einer Übernahme von Uniper als rechtlich möglich. Inzwischen gebe es neuere Gutachten, meldete «Business Insider» am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise. Dazu war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Anpassungen an der Gasumlage
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte auf Anfrage am Dienstag, natürlich müsse man auch im Blick behalten, wie der sich abzeichnende Stabilisierungsbedarf von systemrelevanten Unternehmen sich auf dem Gasmarkt auswirke, «welche Fragen er aufwirft und welche Antworten nötig sind». Sie verwies darauf, dass Anpassungen an der geplanten Gasumlage vorgenommen würden und der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen so reduziert werde.
Grünen-Experte Dieter Janecek sagte, sollte der Staat Mehrheitseigner beim mit Abstand größten Gasimporteur werden, verändere das die Lage. Der «Augsburger Allgemeinen» sagte er, «sollte es ernsthafte Bedenken bei der Umsetzung geben, bleibt als Alternative immer noch die direkte Unterstützung aus Haushaltsmitteln des Bundes». Darüber hinaus sei entscheidend, dass neben Entlastungen für Bürger schnell und unbürokratisch ein Hilfsprogramm für besonders belastete Betriebe im Mittelstand auf den Weg gebracht werde.
Die Union forderte erneut, die Umlage abzuschaffen. Kritik an Habeck kommt auch vom Koalitionspartner FDP.
Mit der Gasumlage sollen Importeure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober. Habeck bemüht sich, den Kreis berechtigter Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen in Not profitieren.
Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland praktisch kein Gas mehr nach Deutschland pumpt, Uniper seine langfristigen Verträge aber erfüllen muss und sich das fehlende Gas teuer auf dem Markt kauft. Durch die erneute Schließung der Gaspipeline Nord Stream 1 hat sich die Lage von Deutschlands wichtigstem Gasimporteur verschärft. Nach Angaben des Unternehmens ist ein stärkeres Engagement des Bundes im Gespräch. Im Juli hatten sich Bund, der Konzern sowie dessen finnische Mutter Fortum auf ein Milliarden-Rettungspaket geeinigt.
Söder: Gasumlage von Anfang an Murks
CSU-Chef Markus Söder sagte, die Gasumlage sei von Anfang an Murks gewesen und müsse so schnell wie möglich beseitigt werden. «Aber es zeigt natürlich, wie inkonsequent und wie undurchdacht die gesamte Bundesregierung agiert», sagte der bayerische Ministerpräsident. Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Jung, sagte der ARD, Uniper benötige zielgerichtete Hilfe. Die Bundesregierung müsse jetzt Alternativen auf den Tisch legen. FDP-Energieexperte Michael Kruse kritisierte, «wenn Robert Habeck acht Wochen nach Beschluss finanzverfassungsrechtliche Zweifel bezüglich der von ihm selbst eingeführten Umlage kommen, dann wirft das kein gutes Licht auf die Arbeit seines Ministeriums».
Gasspeicher gut gefüllt
Die Vorsorge für den kommenden Winter kommt indessen voran: Trotz gestoppter Gaslieferungen aus Russland sind die deutschen Gasspeicher nach Daten der europäischen Speicherbetreiber von Montagabend nun zu 90,07 Prozent gefüllt – 0,32 Prozentpunkte mehr als am Vortag. Eine Verordnung sieht vor, dass sie am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein sollen. Die bei diesem Stand gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch im Januar und Februar 2022. Die Speicher gleichen Schwankungen aus und bilden eine Art Puffersystem für den Gasmarkt.
Die Bundesregierung will erreichen, dass die Speicher zu Beginn der Heizperiode möglichst voll sind. Deutschland soll so besser mit dem Totalausfall russischer Lieferungen zurechtkommen. Derzeit erhält Deutschland Erdgas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Zum Jahreswechsel sollen unter anderem an der Nordseeküste Terminals zur Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG) in Betrieb gehen. Auch in Lubmin an der Ostsee laufen Arbeiten für den Bau eines LNG-Terminals, das Anfang Dezember in Betrieb gehen soll.