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Hohe Maut-Nachforderungen aus Ungarn wohl zulässig

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Sep 7, 2022
Hohe Maut-Nachforderungen aus Ungarn werden zum Fall für den Bundesgerichtshof (BGH). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uli Deck/dpa)

Wer in Ungarn die Maut prellt, muss mit einer bis zu 20-mal höheren Nachforderung rechnen – und das ist höchstwahrscheinlich auch nach deutschen Maßstäben rechtens. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bei dem System keine grundsätzlichen Bedenken, wie sich am Mittwoch in der Verhandlung eines Musterfalls abzeichnete. Die Richter sähen nach Vorberatungen keinen Verstoß gegen die deutsche Rechtsordnung, sagte der Vorsitzende Hans-Joachim Dose in Karlsruhe. Das Urteil soll am 28. September verkündet werden.

Um ungarische Autobahnen und bestimmte Schnellstraßen befahren zu dürfen, müssen Reisende vorab eine elektronische Vignette («e-Matrica») kaufen. Kontrolliert wird über das Autokennzeichen. Nach ADAC-Angaben kostet die Maut für eine Woche seit diesem Jahr 3820 Forint. Das sind umgerechnet knapp 10 Euro.

Wird ein Auto ohne E-Vignette erwischt, wird zunächst eine sogenannte Grundersatzmaut fällig, die das Fünffache der ursprünglichen Maut beträgt. In die Pflicht genommen wird der Halter des Fahrzeugs. Zahlt er nicht binnen 60 Tagen, wird es noch einmal deutlich teurer. Dann sieht die ungarische Maut-Verordnung eine «erhöhte Zusatzgebühr» vor, die sich auf das 20-fache des Betrags beläuft. Auf der offiziellen Internetseite sind noch die bis Ende 2021 gültigen Gebühren aufgelistet. Damals wurden erst 16.220 Forint (aktuell umgerechnet gut 40 Euro) und nach 60 Tagen 64.850 Forint (gut 160 Euro) fällig.

Mahnverfahren über ein deutsches Inkassounternehmen

Das Mahnverfahren läuft über ein deutsches Inkassounternehmen, die Ungarische Autobahn Inkasso mit Sitz in Eggenfelden. Das ist ordnungsgemäß, und «ein Betrug liegt hier nicht vor», wie der ADAC klarstellt. Denn: «Oft sind Betroffene von der Art der Eintreibung irritiert», erläutert ein Sprecher. Maut-Nachforderungen von Inkassodienstleitern spielten in der Rechtsberatung des Autofahrerclubs eine große Rolle. «Zu den Top 3 gehören dabei Italien, Österreich und Ungarn.»

Eine ungarische Besonderheit ist laut ADAC die Höhe der Nachforderung. Den BGH dürfte das aber nicht auf den Plan rufen. Richter Dose verwies darauf, dass der Maximalbetrag nur fällig werde, wenn man die geringere Nachgebühr nicht rechtzeitig überweise. Es gebe also ein gewisses eigenes Verschulden. Außerdem erinnerte er an die deutschen Regeln für Schwarzfahrer: Wer in Bus oder Bahn ohne Ticket erwischt wird, muss ebenfalls pauschal 60 Euro bezahlen.

In dem Karlsruher Verfahren wehrt sich der Autovermieter Hertz dagegen, für Mautverstöße durch Kunden zur Kasse gebeten zu werden. Anwalt Siegfried Mennemeyer sagte, in keinem anderen europäischen Land mit Straßenmaut hafte allein der Halter. In anderen Prozessen mit deutlich mehr Fällen sei Hertz wegen dieser Regelung mit Forderungen im sechsstelligen Bereich konfrontiert. Dabei wäre man bereit, die Daten der Mautpreller an Ungarn herauszugeben.

Richter: E-Vignette vorab lösen

Die obersten Zivilrichter des BGH schien das nicht zu überzeugen. Dose sagte, Hertz könne sich das Geld natürlich bei seinen Kunden zurückholen. Ein Richter regte an, für Ungarn-Fahrten die E-Vignette vorab zu lösen und die Kosten dafür auf den Mietpreis aufzuschlagen.

Der konkrete Fall, in dem es um fünf Verstöße im November 2017 geht, wird voraussichtlich trotzdem ans Frankfurter Landgericht zurückverwiesen. Die Richter dort hatten zwar ebenfalls gemeint, dass Hertz die Nachforderungen begleichen muss. Allerdings müssen Schulden in fremder Währung grundsätzlich in dieser eingeklagt werden, und in Frankfurt hatte man mit Euro gearbeitet. Das Landgericht müsste daher noch einmal prüfen, ob die ungarischen Rechtsgrundlagen der Maut das erlauben. Das wäre aber nur ein Nebenaspekt.

Nach Auskunft des ADAC gab es mit der ungarischen Maut eine Zeit lang auch Probleme, weil Kennzeichen nicht korrekt erfasst wurden und es zum Beispiel zu Zahlendrehern kam oder Länderkürzel verwechselt wurden. Inzwischen sei das Personal besser geschult. «Und vieles kann mittlerweile online beantragt werden.»

Von Anja Semmelroch, dpa