Bei der anstehenden Reform der EU-Schuldenregeln zeichnet sich nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner kein Konsens ab. «Die Vorstellungen über konkrete Reformen gehen noch auseinander. Hier ist noch Arbeit vor uns», sagte Lindner am Rande eines informellen Treffens mit seinen EU-Kollegen in Prag.
Lindner sagte, Deutschland sei dazu bereit, kurzfristig die Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen in den Regeln zu erleichtern, wenn dafür langfristig ein verlässlicher Pfad zur Schuldenverringerung eingeschlagen werde. Deutschland hatte seine Position in einem Papier ausgearbeitet: Die zentrale Schuldengrenze soll beibehalten werden, dafür würde aber etwas mehr Flexibilität zugelassen – insbesondere dabei, wie schnell die Schulden zurückgezahlt werden sollen. Im Gegenzug sollen die Regeln mittelfristig konsequenter durchgesetzt werden.
Andere Länder wie Italien und Frankreich wollen noch mehr Flexibilität, um etwa Investitionen im Kampf gegen den Klimawandel von den Schuldenregeln auszunehmen. EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis sagte, er werde im Oktober einen konkreten Vorschlag für die Reform machen.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt schreibt den Staaten Obergrenzen fest. EU-Länder sollen nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden. Die Regeln wurden in der Vergangenheit teils nicht konsequent durchgesetzt und sollen reformiert werden. Da viele Staaten während der Corona-Krise enorme Schulden aufnehmen mussten, wurden die Regeln ausgesetzt. Auch wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs sollen sie erst ab 2024 wieder vollständig gelten.