Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist nicht zufrieden. Als er am Dienstag in Hamburg die weltgrößte Windmesse WindEnergy eröffnet, spart er nicht mit Kritik an den Bundesländern. Diese müssten beim Ausbau der Windenergie deutlich engagierter und schneller werden, fordert der Grünen-Politiker. So wie bisher könnten sie auf keinen Fall weitermachen. «Das ist nicht akzeptabel.»
In Deutschland gebe es derzeit knapp 57 Gigawatt Windkraftkapazität an Land – und das habe Jahrzehnte gedauert. Nun müssten innerhalb von acht Jahren die Kapazitäten jedoch verdoppelt werden, sagt Habeck. Im vergangenen Jahr seien jedoch nur zwei Gigawatt installiert worden, nötig wären aber zehn Gigawatt – genau jene zehn Gigawatt Kapazitäten, die sich derzeit im Genehmigungsverfahren der Länder befänden.
Was die 10H-Regel bedeutet
«Wenn alle Bundesländer ihren Job machen würden, (…) dann hätten wir eine Chance», betont Habeck. Der Bund könne Gesetze beschließen so viele er wolle, wenn die Länder die Arbeit nicht machten, «werden wir verlieren». Inzwischen seien zwei Prozent des Bundesgebiets für Windräder reserviert, betont Habeck. Er könne es aber einfach nicht verstehen, dass es in manchen Ländern immer noch Windenergieverbote gebe.
Wenn es nach ihm ginge, hätte er die sogenannte 10H-Regel in Bayern schon vor langer Zeit abgeschafft. Diese Regel besagt, dass Windräder einen Mindestabstand zum nächsten bewohnten Haus vom Zehnfachen ihrer eigenen Größe haben müssen. Das bedeutet, dass bei 200 Meter hohen Windanlagen im Umkreis von mehr als zwei Kilometern keine Siedlungen sein dürfen – in Bayern eher selten.
Über die WindEnergy unter dem Motto «It’s time to put climate first» selbst freut sich Habeck aber dann doch. «Ich freue mich sehr, die Weltleitmesse für Windenergie an Land und auf See hier in Hamburg eröffnen zu dürfen.» Die Bedeutung der Windenergie und der Ausbau Erneuerbarer Energien insgesamt sei dringlicher und wichtiger denn je. «Eine beschleunigte Energiewende ist das A und O für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.»
30.000 Fachbesucher aus der ganzen Welt erwartet
Die WindEnergy, die 2020 wegen der Corona-Pandemie als digitale Veranstaltung abgehalten wurde, startet in diesem Jahr erstmals seit 2018 wieder als Präsenzmesse. Bis zum 30. September präsentieren in den Hamburger Messehallen rund 1400 Unternehmen aus 37 Ländern Neuerungen und Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Windenergie an Land und auf See. Insgesamt werden bis zu 30.000 Fachbesucher aus der ganzen Welt erwartet.
Erstmals ist die WindEnergy mit einer Fachkonferenz zu Wasserstoff verknüpft. Die H2Expo will den Angaben zufolge ein internationales Treffen zur Erzeugung, Verteilung und Nutzung von grünem Wasserstoff und Plattform für die gesamte Industrie sein. «Windenergie und Wasserstoff sind Zwillinge, in der Energiewelt von morgen gehören sie zusammen», begründet Messechef Bernd Aufderheide das Extraprogramm.
Die Windbranche selbst legt derweil eine «Hamburger Erklärung zur Reaktion auf die Energie- und die Klimakrise» vor. Darin fordert sie unter anderem, dass die Politik Erneuerbare Energie in den Mittelpunkt stellen, die Genehmigungsverfahren vereinfachen die Digitalisierung der Genehmigungen vorantreiben müsse. Auch müsse der Grüne Wasserstoff rasch auf den Markt kommen. «In der Luftfahrt, der Schifffahrt und den Teilen der Industrie, die sich nicht unmittelbar elektrifizieren lassen, muss die Politik die Umstellung auf Erneuerbaren Wasserstoff priorisieren», sagt der Vize-Präsident des Bundesverbands WindEnergie, Björn Spiegel.