Im Streit innerhalb der Bundesregierung um einen chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen zeichnet sich ein Kompromiss ab. Demnach soll sich der chinesische Cosco-Konzern an dem Terminal beteiligen dürfen – aber nur mit einem kleineren Anteil. Cosco soll nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent.
Die Ressortabstimmung über diesen Kompromiss lief am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch. Nach Informationen aus Regierungskreisen sehen die beteiligten Ressorts der Bundesregierung eine Begrenzung auf 24,9 Prozent allenfalls als «Notlösung» an, um Schlimmeres zu verhindern – nämlich dass Cosco wie ursprünglich geplant einen Anteil von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Terminals Tollerort sowie einen Geschäftsführer und Einspruchsrechte bekommen würde. Eine komplette Untersagung werde nach wie vor für den richtigen Weg gehalten, das hätten die Ressorts deutlich gemacht.
Es zeichne sich aber ab, dass eine Entscheidung über eine vollständige Untersagung einer Beteiligung im Kabinett nicht erreicht werden könne, weil sie nicht vom Kanzleramt auf die Tagesordnung gesetzt werde, hieß es weiter. Entscheide das Kabinett nicht in dieser Woche, sei der Verkauf automatisch so wie von Cosco und dem Hamburger Logistikkonzern HHLA vereinbart genehmigt. Dies gelte es zu verhindern.
Offen ist, wie sich der chinesische Konzern zur neuen Sachlage verhält. Nach dpa-Informationen dürfte die Lösung mit der chinesischen Seite abgestimmt sein. Beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA gehe man davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mit einer auf 24,9 Prozent reduzierten Beteiligung mittragen, hieß es am in Unternehmenskreisen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit dem chinesischen Unternehmen Cosco gegeben.
Chinesische Seite dürfte Kompromiss mittragen
Nach dpa-Informationen dürfte der Kompromiss mit der chinesischen Seite abgestimmt sein. Beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA gehe man davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mit einer auf 24,9 Prozent reduzierten Beteiligung mittragen, hieß es am Dienstag in Unternehmenskreisen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit dem chinesischen Unternehmen Cosco gegeben.
Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» von Montagabend hatten sich die sechs Ministerien, die den Deal bislang abgelehnt hatten, auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach werde die Bundesregierung eine sogenannte Teilversagung beschließen. Mit einer Beteiligung von 24,9 Prozent könnte Cosco als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.
Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor neuen Abhängigkeiten, ebenso FDP-Politiker.
Scholz: Klärungsbedarf bei vielen Fragen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Es gehe um eine Beteiligung an einem Terminal, so wie das in einigen westeuropäischen Häfen der Fall sei.
Linie des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerin war es eigentlich, das Geschäft unter Verweis auf Sicherheitsrisiken zu untersagen. Das Kanzleramt drängte aber laut Medienberichten darauf, dass der Einstieg zustande kommt.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bezeichnete den möglichen Kompromiss als Fehler. «So wenig, wie es in der Natur ein bisschen schwanger gibt, so wenig gibt es bei dem Hafendeal in Hamburg ein bisschen chinesisch. Entweder man lässt sich auf das Geschäft ein oder man lässt es», sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Und: «Der «Kompromiss» mit einer geringeren chinesischen Beteiligung ist ein weiterer folgenschwerer Fehler in Zeiten großer Ungewissheit. Der biegsame Rücken gehört ins Hamburg Ballett, nicht in den Hamburger Hafen.»
Kritik der Grünen
Der Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter lehnte auch eine chinesische Beteiligung von 24,9 Prozent ab. Zwar hätte China damit «deutlich weniger Einfluss» als bei einem Anteil von 35 Prozent. «Aber es wäre weiter kritisch, denn wir hätten weiterhin ein diktatorisches Regime, das mit Hilfe von Staatskonzernen sich bei uns in Infrastruktur einkauft», sagte Hofreiter am Dienstag im ARD-Morgenmagazin.
Im September 2021 hatten der Hamburger Hafenlogistiker HHLA und der chinesische Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort (CTT) in der Hansestadt vereinbart. Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Reederei, deren Containerschiffe bereits seit 40 Jahren von der HHLA am CTT abgefertigt werden. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen.
Das China-Institut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: «Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.» Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt – sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.
Dobrint: Russland als mahnendes Beispiel
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat den sich abzeichnenden Kompromiss kritisiert. Er sagte: «Die Bundesregierung darf der chinesischen Salamitaktik nicht auf den Leim gehen. Auch eine Beteiligung von rund einem Viertel an dem Containerterminal schafft neue einseitige Abhängigkeiten und muss von der Bundesregierung unterbunden werden. Der Verkauf der Gasspeicher an Russland sollte mahnendes Beispiel sein, sich bei kritischer Infrastruktur nicht erneut erpressbar zu machen.»