Nachdem Galeria Karstadt Kaufhof erneut ein Schutzschirmverfahren angemeldet hat, fordern Gewerkschafter und Politiker eine starke finanzielle Beteiligung des Eigentümers René Benko an der Rettung des angeschlagenen Warenhauskonzerns. Die Belegschaft frage sich, «wo der Eigentümer ist in dieser existenziell höchst bedrohlichen Situation für 17.400 Menschen und ihre Familien», sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Es müsse jetzt zusätzliches Geld ins Unternehmen. «Da gibt es klare Erwartungen an den Eigentümer.»
Vor dem Hintergrund der Energiekrise und der Konsumflaute hatte das Management am Montag bekanntgegeben, dass mindestens ein Drittel der 131 Kaufhäuser in Deutschland geschlossen werden sollen und betriebsbedingte Kündigungen unvermeidlich sind. Gewerkschafterin Nutzenberger forderte den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze. Die Konzernführung müsse ein tragfähiges Zukunftskonzept präsentieren. «Die Beschäftigten haben viele konkrete Vorschläge für eine erfolgreiche Zukunft gemacht, die im Management wenig Gehör gefunden haben.»
Das Unternehmen hatte am Montag zum zweiten Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Die 680 Millionen Euro Finanzhilfen des Bundes reichten nicht, um die Firma auf Kurs zu bringen. Verhandlungen über weitere Staatshilfen wurden beendet. Stattdessen will das Management nun einen Schnitt machen und sich von defizitären Geschäftsteilen trennen.
Nicht der erste Schutzschirm
2020 hatte die Firma schon mal ein Schutzschirmverfahren durchlaufen. Bei der auf Sanierung ausgerichteten Insolvenzvariante übernimmt ein gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung. Die Unternehmensführung behält die Kontrolle, wird aber von einem externen Sanierungsexperten beraten. Bei der Sanierung im Jahr 2020 waren rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen worden.
«Es ist ein dramatischer Absturz von zwei traditionsreichen Warenhaus-Unternehmen», sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben.
Während die FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale sich gegen weitere staatliche Finanzhilfen aussprach, will Houben diese für die Zukunft nicht ausschließen. «Es ist eben kein gewöhnliches Unternehmen, sondern es ist ein elementarer Bestandteil vieler Innenstädte.» Falle dieser Bestandteil weg, könnte die Anziehungskraft der Einkaufszonen insgesamt leiden. Houben mahnte mehr Transparenz der Firma an. Zudem sollte der Unternehmer Benko sich mit einem größeren Beitrag aus seinem persönlichen Vermögen an der Rettung beteiligen, bevor der Staat erneut aktiv werden sollte.
Ging es nur um die Immobilien?
Linksparteichef Martin Schirdewan warf Benko vor, dass es ihm nie um den Kaufhausbetrieb gegangen sei, sondern nur um die Immobilien. «Die öffentliche Hand darf die Immobilienspekulation des Milliardärs Benko nicht mit weiteren Hilfsgeldern belohnen.» Stattdessen sollte der Staat die bereits ausgezahlten Millionen zurückfordern. Benko habe mit seinem Einstieg bei den Kaufhäusern Verantwortung für 17 400 Beschäftigte übernommen. «Jetzt müssen die Eigentümer ihrer Verantwortung nachkommen und aus eigenen Mitteln zusätzliches Geld in den Betrieb der Kaufhäuser investieren.»
Unter Kommunalvertretern wurden Sorgen über Leerstände in den Innenstädten laut. «Weitere Schließungen von Filialen der Kaufhauskette Galeria wären für die betroffenen Städte ein tiefer Einschnitt», sagte der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe. «Mit den Kaufhäusern würden wichtige Orte der Versorgung und Begegnung verloren gehen.» Es sollten so viele Standorte und Arbeitsplätze wie möglich erhalten bleiben.
Auf die Frage, warum der Staat nicht erneut einspringe, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit, dass sich die Firma für den Gang zum Amtsgericht entschieden habe. Das wolle man nicht kommentieren.