Die geplante Gaspreisbremse würde nach Schätzungen des IW Köln in beträchtlichem Umfang Mittelschicht und Besserverdienern zugute kommen.
Arme Haushalte und untere Mittelschicht würden zwar gemessen an ihren Einkommen prozentual am stärksten entlastet, doch in absoluten Zahlen würden etwa drei Viertel der benötigten Milliarden an die darüber liegenden Einkommensgruppen fließen. Davon gehen die Ökonomen in einer am Freitag veröffentlichten Studie aus. Auftraggeber war die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw).
Da die Ausgestaltung der Gaspreisbremse noch nicht feststeht und auch die Gaspreise sich im Laufe des kommenden Jahres noch ändern werden, beruhen die Rechnungen des IW Köln auf Annahmen. In einer Beispielrechnung wurde ermittelt, welche Verteilungswirkung die Gaspreisbremse in diesem Jahr haben würde, wenn es diese schon gäbe.
Wissenschaftliche Berechnungen
Für einen Grundverbrauch bis 8000 Kilowattstunden Gas im Jahr unterstellten die Wissenschaftler dafür einen gedeckelten Preis von 7,5 Cent je Kilowattstunde, darüber hinaus einen durchschnittlichen Marktpreis von 15,2 Cent. Laut Simulationsrechnung des IW würde eine Gaspreisbremse unter den genannten Annahmen Kosten von 11,7 Milliarden Euro verursachen, wovon knapp 2,9 Milliarden an arme Haushalte und untere Mittelschicht fließen würden.
In Relation zum durchschnittlichen Haushaltseinkommen wäre die Entlastung der unteren Einkommensschichten laut IW Köln dennoch höher. Haushalte der oberen Mittelschicht würden im Schnitt um ein halbes Prozent ihres Nettoeinkommens entlastet, armutsgefährdete Haushalte dagegen um etwas mehr als ein Prozent.
Im kommenden Jahr werden die tatsächlichen Gaspreise für die allermeisten Haushalte allerdings über den angenommenen 15,2 Cent liegen. Nach den derzeitigen Plänen der Bundesregierung für die Gaspreisbremse sollen private Haushalte für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen garantierten Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Die Studienautoren merken außerdem an, dass die Gaspreisbremse mit einer «deutlichen Minderung der Energiesparanreize» einhergehen dürfte.
Abgesehen von den Auswirkungen verschiedener Entlastungsmaßnahmen für die Bürger hat das Institut auch die Folgen des rasanten Energiekostenanstiegs für die Industrie geschätzt. Für das Verarbeitende Gewerbe könnten die gestiegenen Preise in diesem Jahr Mehrkosten von 60 Milliarden Euro bedeuten, heißt es in dem Papier – unter der Annahme, dass die Unternehmen Energieverbrauch und Produktion nicht einschränken.
Die Wissenschaftler sehen aber Anzeichen, dass viele Unternehmen ihre Produktion bereits gekürzt haben. «Angesichts der hohen Preise sind die Produktionskosten so stark gestiegen, dass hiesige Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht mehr konkurrenzfähig anbieten können», schreiben die Autoren.
«Weiter steigende Preise oder sogar eine Rationierung der Gasversorgung können die Industrie so stark unter Druck setzen, dass nicht alle Unternehmen die Produktion werden aufrechterhalten können», warnte der Hauptgeschäftsführer der vbw, Bertram Brossardt. «Dies wird sich dann auch in der Wertschöpfungskette durchschlagen und Arbeitsplätze bedrohen.»