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Commerzbank-Privatkundenchef: Samstagsöffnung kein Tabu

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Dez 22, 2022
Lange hielt die Commerzbank an einem vergleichsweise dichten Filialnetz in Deutschland fest. Dann kam der für manchen Kunden überraschende radikale Schnitt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Eine Filialöffnung an Samstagen ist für Commerzbank-Privatkundenvorstand Thomas Schaufler kein Tabu. «Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen. Wenn die Nachfrage der Kunden nach Samstagsöffnung der Filialen sehr groß wird, würden wir auch darüber nachdenken», sagte der seit gut einem Jahr amtierende Manager der Deutschen Presse-Agentur.

Zunächst versucht die Commerzbank, Lücken in ihrem inzwischen deutlich ausgedünnten Filialnetz durch zwölf sogenannte Beratungscenter sowie eines am Heimatstandort der Online-Tochter Comdirect im schleswig-holsteinischen Quickborn zu schließen. In diesen Zentren bietet die Bank telefonisch von montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr sowie samstags von 8.00 Uhr bis 18.30 Uhr Beratung an.

«Die erweiterten Öffnungszeiten in den Beratungscentern sind ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung», sagte Schaufler. «Und wir werden dann anhand der Reaktionen der Kunden sehen: Wie gut wird das angenommen.» Es gehe darum, den Kunden zu zeigen, was im Beratungscenter möglich sei. «Beim Kaffee tun wir uns noch schwer, den können wir noch nicht nach Hause liefern, aber die Bankdienstleistung werden wir in derselben Qualität ortsunabhängig für den Kunden anbieten», sagte der Vorstand.

Fokus auf persönliche Beratung

Fast 70 Prozent der Anliegen, für die Kunden in Filialen kämen, könnten online erledigt werden, rechnete Schaufler vor. «Wir müssen als Commerzbank schauen, dass unsere Systeme noch einfacher, noch bequemer, noch selbsterklärender werden, damit Kunden das auch in Anspruch nehmen.»

Es gehe ausdrücklich nicht darum, Kunden vom Besuch der Filiale abzuhalten, um weitere Standorte zu schließen, betonte Schaufler: «Das, was wir uns an Servicezeit sparen könnten, würden wir gerne in persönliche Beratung ummünzen.»

Die Commerzbank, die vor der Pandemie bundesweit etwa 1000 Filialen hatte, steuerte Anfang vergangenen Jahres unter neuer Führung radikal um und beschloss eine Verkleinerung des Netzes von seinerzeit 790 auf 450 Standorte. Zuletzt wurde die Schließung weiterer 50 Standorte auf den Weg gebracht.

«Im Moment fühle ich mich mit dem Setup von rund 400 Filialen wohl», sagte Schaufler. «Es kann natürlich in die eine oder andere Richtung immer Anpassungen geben. Das bedeutet aber nicht, dass es immer nur weniger Filialen werden. Es kann punktuell auch in die andere Richtung gehen.»

Schaufler: Weniger Kunden als gedacht verloren

Bei den Einschnitten im Filialnetz, die vor Schauflers Wechsel von der österreichischen Erste Group zur Commerzbank beschlossen wurden, hat das Frankfurter Institut aus Sicht des Managers nicht alle Kunden ausreichend mitgenommen. «Die Frage, wie viele Kunden wir durch den Umbau verlieren, ist noch nicht abschließend zu beantworten», sagte der Schaufler. «Aber ich kann sagen: Wir sind derzeit deutlich unter den Annahmen, mit denen wir bei so einem radikalen Umbau gerechnet haben.»

Durch eine gezielte Ansprache von Kundinnen und Kunden, die in der Schlange stehen, will die Bank Vertrauen zurückgewinnen: «Wir holen damit jetzt das nach, was während der Pandemie nicht möglich war: Unterstützende Maßnahmen anzubieten und zu zeigen, wie das Online-Banking funktioniert.»

Der Schub für digitale Angebote, der während der Pandemie zu beobachten gewesen sei, sei wieder abgeflacht, stellte Schaufler fest. «Aktuell nimmt die Anzahl der Filialbesuche sogar wieder zu. Damit haben wir nicht gerechnet.»

Von Lockangeboten zur Kundenwerbung hält Schaufler nichts. «Ich möchte mit der Commerzbank mit Beratung und Service punkten, nicht mit Lockangeboten. Es geht darum, dass Kunden langfristig unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen.» Nach jüngsten Zahlen betreuen Commerzbank und Comdirect zusammen etwa elf Millionen Kunden. «Wir werden Wachstum mit dem organisieren, was wir nachhaltig anbieten können», sagte Schaufler. «Eine Gratiskultur ist nicht nachhaltig.»

Interview: Jörn Bender, dpa