Der Eurobeitritt Kroatiens zum 1. Januar ist nach Ansicht des ehemaligen EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet ein gutes Signal. Er sei sehr froh gewesen, dass er in seiner Zeit als EZB-Präsident fünf neue Länder im Euroraum habe begrüßen dürfen, sagte Trichet im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
«Von 12 auf 17. Heute sind wir 19 Länder im Euroraum. Und wir werden noch zahlreicher. Europa ist dabei, Geschichte zu schreiben.» Kroatien wird als 20. Land den Euro einführen.
Zugleich bedeute der Beitritt zur Gemeinschaftswährung eine große Verantwortung für jeden Kandidaten, führte Trichet aus: «Der Beitritt zum Euro-Währungsgebiet ist ein sehr wichtiger Schritt, der das Schicksal eines ganzen Landes, aller seiner Bürger, unabhängig von ihren politischen Befindlichkeiten, bestimmt», sagte Trichet, der vom 1. November 2003 bis zum 31. Oktober 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank war.
«Wir haben Kriterien für die Erweiterung der Eurozone. Die Kriterien müssen eingehalten werden, wenn ein Land beitritt, aber ich habe immer betont, dass sie auch nach dem Beitritt eingehalten werden müssen.»
Europa darf sich nicht zu sehr auf USA verlassen
Insgesamt muss Europa nach Einschätzung Trichets mehr für die eigene Verteidigung tun. «Die Einheit der Europäischen Union ist äußerst wichtig. Sie erfordert nicht nur, dass wir langfristig eine politische Föderation anstreben, sondern auch eine echte europäische Verteidigung, die damit einhergeht. Unser Kontinent kann sich nicht ewig auf den militärischen Schutzschirm der Vereinigten Staaten verlassen», sagte Trichet.
«In der Welt von morgen, in der aufstrebende Mächte – nicht nur China, sondern auch Indien, Indonesien, Brasilien, Nigeria und so weiter – eine entscheidende Rolle spielen werden, wird sich die Europäische Union als eine der wichtigsten geostrategischen Mächte behaupten müssen, gleichwertig mit den USA, China und Indien», sagte Trichet.
Dass sich die Europäer angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geschlossen präsentieren, halte er für sehr wichtig, sagte der ehemalige EZB-Präsident. Gerade eine enge Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich sei ein entscheidender Faktor.
«Natürlich haben wir in letzter Zeit gesehen, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Ländern gab. Ich bedauere, dass diese Diskussionen – die durchaus legitim sind – sehr sichtbar wurden», sagte Trichet zum Verhältnis von Deutschen und Franzosen. «Dennoch bin ich sicher, dass auf beiden Seiten der Wille besteht, die bilaterale Freundschaft und Zusammenarbeit zu stärken. Darüber hinaus bleibt die sehr enge Zusammenarbeit aller Nationen in Europa von entscheidender Bedeutung – mehr denn je, da wir in einer sehr herausfordernden Welt leben.»