Die Finanzaufsicht Bafin will überhöhten Kosten bei Lebensversicherungen einen Riegel vorschieben. «Hohe Kosten bedeuten nicht immer eine angemessen erhöhte Rendite», sagte Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund. «Wir haben hinreichend Beispiele, dass es keinen eindeutigen Bezug zwischen hohen Kosten und hoher Rendite gibt.» Die Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers bezieht sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten.
Die Bafin stellte bei einer Untersuchung eine «erhebliche Spreizung» insbesondere der Vertriebskosten bei Lebensversicherern fest. «Wir konzentrieren uns jetzt auf das jeweils schlechteste Viertel: Die 25 Prozent der Unternehmen mit den höchsten Gesamtkosten und den höchsten Vertriebskosten wollen wir uns genauer anschauen», sagte Grund der Deutschen Presse-Agentur. «Bei einzelnen Unternehmen hinterfragen wir bereits sehr kritisch deren Kostengestaltung.»
Die Finanzaufsicht hat auf Grundlage der Untersuchung den Entwurf eines Merkblatts vorgelegt. Demnach sollten Altersvorsorgeprodukte mit «hinreichender Wahrscheinlichkeit» eine Rendite nach Kosten erzielen, die über einer langfristigen Inflationserwartung von 2 Prozent liege. «Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zu Recht eine Rendite, die nach Kosten höher ist, als die langfristige Inflation», sagte Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv).
GDV: Blick allein auf Rendite zu kurzsichtig
Es sei gut, wenn die Bafin Produkte auf Kosten und Anreize überprüfe und sich mit Ausreißern auseinander setzen wolle, sagte ein Sprecher des Versicherungsverbandes GDV. Es sei aber zu kurzsichtig, «bei Lebens- und Rentenversicherungen ausschließlich und allein auf die Rendite zu schauen.» Sie böten Absicherungen während der Sparphase und bei einer Verrentung die Sicherheit, bis ans Lebensende eine gesicherte Zahlung zu erhalten. «Auch das ist Kundennutzen.»
Nach der Auswertung der Stellungnahmen von Unternehmen und Verbänden zu dem Merkblatt will die Bafin ihre Vorgaben zur Kostengestaltung veröffentlichen, die sie ihrer Aufsichtspraxis zugrunde legt. «Wir erwarten, dass sich die Unternehmen daran orientieren und danach richten», sagte Grund.
Verbot von Abschlussprovisionen gefordert
Verbraucherschützer fordern darüber hinaus ein Verbot von Abschlussprovisionen, die Assekuranzen Versicherungsvertretern und -maklern für die Vermittlung von Lebensversicherungen zahlen. «Andere Länder wie die Niederlande oder das Vereinigte Königreich haben damit gute Erfahrungen gemacht, die Qualität der Finanzberatung und die Produktqualität sind in beiden Ländern dadurch gestiegen», sagte Mohn, Teamleiterin Finanzen beim vzbv.
In Brüssel wird derzeit über ein Provisionsverbot in der Europäischen Union diskutiert. Grund fände ein entsprechendes Verbot für den deutschen Markt «nicht gut, das würde ihn nur unzureichend abbilden. Eine gute Beratung ist wichtig und muss auch entsprechend bezahlt werden», sagte der Versicherungsaufseher. «Allerdings müssen Exzesse vermieden werden. Das ist unsere Stoßrichtung.»
Bafin-Chef: Risiko für Kreditausfälle gestiegen
Die Bafin mahnt unterdessen Banken zu ausreichend Vorsorge angesichts zunehmender Risiken. «Fakt ist: Das Risiko für Insolvenzen ist gestiegen – und damit auch die Gefahr, dass Kredite an deutsche Unternehmen ausfallen. Vor allem Kredite an den Mittelstand und energieintensive Unternehmen», sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Mark Branson.
«Darauf müssen die Banken vorbereitet sein. Die aktuelle Risikovorsorge ist niedrig. Allerdings fordern Institute zunehmend höhere Risikoprämien und höhere Sicherheiten von ihren Kunden. Die Bafin wird genau prüfen, ob das reicht», führte Branson aus. In der Corona-Pandemie war die befürchtete Welle von Firmenpleiten in Deutschland ausgeblieben. Auch im vergangenen Jahr stiegen die Insolvenzen dank staatlicher Milliardenhilfen nur moderat. Viele Banken hatten daher ihre Vorsorge für mögliche Rückschläge zurückgefahren.