• Fr. Nov 22nd, 2024

IG Metall will künftig Doppelspitze – Vize steht bereit

Ein Teilnehmer einer Kundgebung der Gewerkschaft IG Metall trägt während eines Warnstreiks eine Mütze mit dem Logo der IG Metall. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Silas Stein/dpa)

Deutschlands größte Gewerkschaft mit 2,15 Millionen Mitgliedern baut sich um. Die IG Metall diskutiert nach einem erneuten Mitgliederschwund im vergangenen Jahr eine neue Führungsstruktur. Die angestrebte Doppelspitze mit zwei gleichberechtigten Vorsitzenden ist unter anderem bei politischen Parteien wie SPD, Grünen oder Linken etabliert.

Die bisherige Zweite Vorsitzende Christiane Benner zeigt sich bereit, auch in einem Duo weiterhin Führungsverantwortung zu übernehmen. «Wenn ich mir das nicht vorstellen könnte, würde ich nicht dafür werben», sagte die 54-Jährige in Frankfurt auf eine entsprechende Frage. Nach Lage der Dinge könnte so im Herbst der Stuttgarter Bezirkschef und Tarifexperte Roman Zitzelsberger zu Benners Co-Vorsitzendem gewählt werden.

Bislang unterscheidet die Satzung der IG Metall zwischen Erstem und Zweitem Vorsitzenden. Ungeschrieben sind hingegen die Gesetze, dass der Erste Vorsitzende als «IG-Metall-Chef» die Gewerkschaft stark nach außen repräsentiert und zudem der oder die Zweite Vorsitzende an die Spitze der Organisation kommt, wenn der Erste abtritt. So war es bislang üblich, selbst bei scharfen ideologischen Gegensätzen zwischen den Protagonisten wie bei Jürgen Peters und Berthold Huber im Jahr 2003 wurde die Regel stets eingehalten.

Die IG Metall steht vor der Personalfrage, denn der 67 Jahre alte Erste Vorsitzende Jörg Hofmann tritt beim Gewerkschaftag im Oktober nicht wieder an. Die Soziologin Benner will als erste Frau in der Geschichte der männerdominierten Gewerkschaft für den Metall-Spitzenjob antreten und hat dafür bereits den ihr angetragenen DGB-Vorsitz ausgeschlagen. Hofmann kündigte ein Personal-Tableau bis zum Sommer an. Auch zum möglichen Vorstandsumbau diskutiere man derzeit intensiv in den Gremien.

Auf seiner letzten Jahres-Pressekonferenz hatte Hofmann zunächst über einen moderaten Mitgliederschwund von rund einem Prozent berichtet. Auch im dritten Corona-Jahr hintereinander konnte die IG Metall Austritte und Todesfälle nicht ausgleichen, gewann aber gerade in der zweiten Jahreshälfte während der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie so viele neue Mitglieder wie seit Jahren nicht mehr.

Hofmann: «Haben noch viel Potenzial»

«Es ist kein Naturgesetz, dass die IG Metall wegen des demografischen Wandels Mitglieder verliert», sagte Hofmann. «Wir haben zwar schon einen sehr guten Organisationsgrad, aber auch noch viel Potenzial.» Man werde die Ressourcen gezielt dort einsetzen, wo Menschen gewonnen werden könnten.

Mittel stehen weiterhin ausreichend zur Verfügung, wie Schatzmeister Jürgen Kerner klarmachte. Die Mitgliedereinnahmen übertrafen mit 596 Millionen Euro das Vorjahr um rund 4 Millionen, erreichten aber nicht die Marke aus dem Rekordjahr 2019 (598 Mio Euro). Von den Einnahmen flossen unter anderem 215 Millionen Euro in die Geschäftsstellen vor Ort und 89 Millionen Euro in die Rücklagen. «Kein Streik wird am Geld scheitern», sagte Kerner.

Politisch will die IG Metall das Jahr 2023 nutzen, um den sozial-ökologischen Wandel für die Beschäftigten fair zu organisieren. «Wir müssen die Transformation so gestalten, dass das Potenzial an Fachkräften heute in den Betrieben nicht verlorengeht. Wir brauchen trotz der sich teilweise dramatisch verändernden Tätigkeiten sichere Perspektiven in der Arbeitswelt von morgen», sagte Hofmann, der auch deutliche Kritik an der fehlenden beruflichen Ausbildung übte. Industriepolitisch will sich die IG Metall für eine Preisbremse beim Industriestrom einsetzen, damit die Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben könnten.

Von Christian Ebner, dpa