• Fr. Nov 22nd, 2024

Habeck wirbt in USA um besseren Marktzugang

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußert sich zum Abschluss seiner Reise auf dem Lafayette Square vor dem Weißen Haus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein französischer Kollege Bruno Le Maire kehren ohne konkrete Zusagen zum künftigen Marktzugang für europäische Firmen von ihrer USA-Reise zurück. Hintergrund der Gespräche in Washington war das amerikanische Inflationsbekämpfungsgesetz, auf Englisch Inflation Reduction Act (IRA). Das Problem aus deutscher und europäischer Sicht: Viele Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass profitierende Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren – was in der EU Sorge vor Wettbewerbsnachteilen auslöst.

Die Reise werde ein Arbeitsbesuch in einer Reihe ähnlicher Treffen, hatte Habeck schon vorher angekündigt. «Insofern geht es nicht darum, einmalig irgendetwas zu unterschreiben.» Und so kam es dann auch. «Es ist nicht unsere Absicht und es war nie unsere Absicht, das amerikanische Gesetz zu ändern», sage Le Maire am Dienstag in Washington, nachdem er und Habeck gemeinsam Gespräche mit US-Regierungsvertretern geführt hatten. Man wolle aber komplette Transparenz herstellen, weil das die Basis sei für fairen Wettbewerb. Konkrete Zugeständnisse müsse die EU-Kommission aushandeln. Die beiden Minister sahen sich hier nur in unterstützender Funktion.

Das IRA ist viel breiter gefasst, als der Name nahelegt. Klimaschutz-Maßnahmen sollen zu einer Reduzierung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes der USA um rund 40 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 führen. Die Kosten für bestimmte Medikamente sollen sinken. Mit dem Gesetzespaket sollen außerdem Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Die Regierung geht davon aus, dass durch das Gesetzespaket das Staatsdefizit um mehr als 300 Milliarden Dollar verringert werden kann. Das soll auch die hohe Inflation bremsen.

USA wichtiger Absatzmarkt

Verbände warnen vor einer handelspolitischen Auseinandersetzung und verlangen bessere Produktionsbedingungen in Europa. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind die USA der wichtigste Absatzmarkt. Eine große Rolle spielen dabei Autos und Autoteile, Maschinen sowie pharmazeutische Erzeugnisse.

Habeck und Le Maire warben für eine europafreundliche Anwendung des Gesetzes. Erreicht haben sie nach eigenen Angaben vor allem Zusagen für mehr Transparenz über das Ausmaß staatlicher Unterstützung in den USA. Was das wert ist, wird sich noch zeigen.

Habeck sagte, man sei sich einig gewesen, dass man nicht Gefahr laufen dürfe, in einen Subventionswettlauf zu geraten. «Mein Verständnis und meine Interpretation der Gespräche ist, dass es eine große Bereitschaft gibt, Formen der Zusammenarbeit zu finden, ohne den IRA wieder aufzumachen», sagte Habeck. Zusammenarbeit bedeute, die beiden Märkte zusammenzubringen.

In Europa hofft man auf günstigere Anwendungsregeln für das schon beschlossene Gesetz, an denen derzeit in Washington gearbeitet wird. In den Bereichen Autoindustrie und Batterien sei diese Arbeit praktisch abgeschlossen, bei Regelungen für den Energieträger Wasserstoff und für wichtige Rohstoffe aber noch nicht, so Habeck. «Wir haben also ein paar Monate noch Zeit, zu Lösungen zu kommen.» Zwar führe die EU-Kommission die entsprechenden Verhandlungen, diese wolle man aber unterstützen.

Biden nicht für Änderungen offen

Das Paket ist in einem zähen Prozess mit Zugeständnissen ausgehandelt worden, dementsprechend kommen nachträgliche Änderungen für US-Präsident Joe Biden nicht infrage. «Ich werde international dafür kritisiert, dass ich mich zu sehr auf Amerika konzentriere. Zum Teufel damit», sagte Biden Ende Januar bei einer Rede. Bei seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstagabend (Ortszeit) macht Biden nun erneut klar: «Wir werden sicherstellen, dass die Lieferkette für Amerika in Amerika beginnt. Die Lieferkette beginnt in Amerika.» Er werde dafür kritisiert, dass er auf amerikanische Produkte setze. Aber er werde sich dafür nicht entschuldigen, betonte der Demokrat. «Das ist völlig im Einklang mit den internationalen Handelsregeln.»

Bei Habeck klang das wenige Stunden zuvor anders. «Der Blick, den wir aufeinander haben, ist ein Blick von Zugewandtheit und von Freundschaft», sagte er. Im Grunde sei dieser IRA mit seinem Willen zum Klimaschutz ja eine gute Sache, von der auch europäische Firmen profitierten. «Das ist hoch willkommen.» Die Amerikaner täten es damit den Europäern gleich, die bereits auf die Förderung von Elektroautos und erneuerbaren Energien setzen. Aber an einigen Stellen würden amerikanische Firmen und Standorte eben bevorzugt, und darüber wolle man sprechen, um «diese Kühe, diese letzten Kühe ebenfalls vom Eis zu bekommen».

Elektroautos im Fokus

Ein Stein des Anstoßes für die Europäer – aber auch andere Handelspartner wie Japan und Südkorea – ist die Steuererleichterung für Elektrofahrzeuge. Hier hat das US-Finanzministerium noch Spielraum, wenn es darum geht, welche Fahrzeuge dafür infrage kommen. Das könnte den Europäern helfen. Fraglich ist allerdings, wie weit die US-Regierung hier tatsächlich gehen kann – und will. Wichtige Kongressmitglieder und auch die Regierung selbst haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass das Gesetzespaket zuallererst der US-Wirtschaft zugutekommen soll.

Als Antwort auf den IRA, aber auch auf chinesische Subventionen stellte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich ein neues grünes Industrieprogramm vor. Darin meldete sie Bedarf zur Investition von Hunderten Milliarden Euro in klimafreundliche Technologien an. Dazu will die Behörde den Zugang zu Fördermitteln erweitern und beschleunigen und den EU-Staaten mehr Freiheiten geben für gezielte Subventionen. Die Vorschläge sollen beim EU-Gipfel diese Woche diskutiert werden.

Le Maire nannte die Vorschläge von der Leyens eine «exzellente Grundlage». Er betonte: «Jetzt ist es Zeit zu entscheiden und zu beschleunigen. Dies ist auch eine der Konsequenzen, die wir aus unserem Besuch in Washington ziehen sollten.»

Von Martina Herzog, Magdalena Tröndle und Bastian Hartig, dpa