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Industrie: Geplante Plastikabgabe führt in Sackgasse

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Feb 8, 2023
Ein übervoller Mülleimer mit Partymüll im Treptower Park in Berlin. Wer kümmert sich darum? (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa)

Hersteller sollen künftig eine Plastikabgabe als Beitrag gegen Umweltverschmutzung zahlen. Die Industrie ist darüber verärgert – Umweltverbänden und Kommunen gehen die Pläne hingehen nicht weit genug. «Die Kostenberechnung ist nicht schlüssig und geht auch über das hinaus, was erforderlich ist», sagte Martin Engelmann von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen in einer Anhörung im Umweltausschuss des Bundestags. «Und zudem ist auch unklar, welche Verpackungen überhaupt betroffen sind.»

Diese staatliche Sonderabgabe werde sich als Sackgasse erweisen, denn auch die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen seien zweifelhaft.

Konkret geht es etwa um Abgaben, die die Hersteller von Einwegplastik-Produkten in einen Fonds einzahlen sollen. Für die Entsorgung von Müll sind die Kommunen zuständig – die Kosten dafür tragen sie bislang allein. Mit dem Fonds sollen sie künftig Mittel abschöpfen und so die Entsorgung des Plastikmülls finanzieren können. Die Höhe der Abgaben soll abhängig von der erstmals auf dem Markt bereitgestellten oder der verkauften Menge an Einwegkunststoffprodukten sein. Zu den betroffenen Produkten gehören etwa Zigaretten mit plastikhaltigen Filtern, Getränkebehälter aus Plastik und Luftballons.

Nabu: Müll vermeiden

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) fordert die Bundesregierung auf, an der Vermeidung von Plastikmüll zu arbeiten und nicht die Müllbeseitigung in den Vordergrund zu stellen. «Der geplante Einwegkunststofffonds ist ein guter Schritt, um die Hersteller in die Verantwortung für den durch ihre Produkte anfallenden Müll zu nehmen», sagte Bundesgeschäftsführer Leif Miller. «Allerdings kann es nicht sein, dass das entsprechende Gesetz nur an der Nachsorge – also dem Beseitigen des Mülls – ansetzt. Viel sinnvoller wäre es, den Müll von vorneherein zu vermeiden.»

Hintergrund des Vorhabens ist die EU-Einwegkunststoffrichtlinie, nach der die Mitgliedstaaten die Verantwortung der Hersteller national zu regeln haben. Diese betrifft etwa Mitnehmbehälter, Tüten- und Folienverpackungen, Getränkebecher und -behälter, leichte Tragetaschen, Feuchttücher, Luftballons oder Tabakfilter.

Dem Deutschen Städtetag gehen die Pläne noch nicht weit genug. «Ob der Einweg-Müll aus Plastik, Pappe oder Aluminium ist, macht für Kosten und Aufwand der Reinigung keinen Unterschied», sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, der Deutschen Presse-Agentur. «Er muss ausgeweitet werden auf mehr Produkte und auf mehr Materialien.» Die aktuellen Pläne für den Fonds gingen an der Realität vorbei. Es bestehe die Gefahr, dass Hersteller von Einweg-Verpackungen einfach nur auf andere Materialien umsteigen.

Abfallwirtschaft: Littering hat zugenommen

Die Abfallwirtschaftsbetriebe berichteten im Ausschuss von großen Problemen mit Plastik. «Littering und damit einhergehend der Aufwand für die Bekämpfung und Beseitigung hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen», sagte Patrick Hasenkamp von den Abfallwirtschaftsbetrieben Münster. Mit Littering ist das achtlose Hinterlassen von Müll in der Umwelt gemeint. Bei einer Bestandsaufnahme mehrerer Kommunen ist nach Angaben von Hasenkamp herausgekommen, dass etwa 22 Prozent aller Materialien im Straßenkehricht Kunststoffe sind. «Das ist schon ein starkes Stück, was wir tatsächlich heute auch mit bekämpfen können», sagte Hasenkamp.

Um Verpackungsmüll einzudämmen gilt seit Jahresbeginn bereits die Mehrwegangebotspflicht. Dafür müssen Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs verkaufen, neben Einweg- auch Mehrwegverpackungen dafür anbieten – sofern sie Einweg-Verpackungen aus Kunststoff nutzen. Bei Getränken aller Art muss es eine Mehrweg-Alternative geben.

Umweltorganisationen kritisierten jedoch Verstöße gegen die Pflicht und wollen dagegen vorgehen. So plant Greenpeace ein Hinweisportal, auf dem Kunden Betriebe melden können, die trotz Verpflichtung keine Mehrwegverpackungen für Getränke oder To-Go-Speisen anbieten, wie Viola Wohlgemuth von Greenpeace der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte. Das Gastgewerbe verweist derweil auf hohe Belastungen für die Betriebe.