Unter Protest der FDP treibt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seine Pläne für den Heizungswechsel voran. «Wenn die alte Gasheizung noch funktioniert, kann sie drin bleiben. Wenn sie kaputt ist, kann man sie reparieren.
Wenn sie nicht mehr reparabel ist, gibt es praktikable Übergangslösungen», sagte Habeck der «Wirtschaftswoche». Wenn aber etwas Neues nötig sei, «dann sollte man nicht mehr in alte fossile Systeme investieren». Ein entsprechender Gesetzentwurf seines Hauses gemeinsam mit dem Bauministerium ist schon weit gediehen, entschieden ist aber noch gar nichts – nicht einmal innerhalb der Bundesregierung.
So meldet FDP-Chef Christian Lindner große Skepsis an. «Der Entwurf war klimapolitisch gut gemeint, wirtschaftlich und sozial ist das Echo aber verheerend. Die Pläne müssen daher zurück in die Montagehalle und grundlegend überarbeitet werden», sagte er der «Bild»-Zeitung. «Eine oberflächliche Reparatur wird nicht ausreichen.»
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Im März vergangenen Jahres vereinbarten die Koalitionsspitzen dann, dass «möglichst» schon ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung so betrieben werden soll. Details der Pläne, die noch unter Vorbehalt stehen, machte das Wirtschaftsministerium öffentlich.
Was geplant ist
Ab dem 1. Januar 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Aktuelle Heizungen können weiterbetrieben werden, auch Reparaturen sind weiter möglich. Nach 30 Jahren müssen sie aber ausgetauscht werden, was laut Wirtschaftsministerium auch heute im Grundsatz schon der Fall ist – allerdings sollen bisherige Ausnahmeregelungen ab 2026 schrittweise auslaufen.
Wenn eine Heizung irreparabel kaputt geht, kann sie übergangsweise mit einer fossil betriebenen Heizung ersetzt werden, zum Beispiel als Leasing-Gerät. Diese muss dann aber binnen drei Jahren gegen eine Anlage ersetzt werden, die die neuen Vorgaben erfüllt. Wenn ein Anschluss an ein Wärmenetz absehbar ist, bei dem die anderswo erzeugte Wärme per Leitung ins Haus kommt, ist ein Betrieb von bis zu fünf Jahren möglich.
Härtefallregelungen
In Sonderfällen kann die Pflicht zur 65-Prozent-Heizung entfallen, wenn es eine besondere Härte gibt, also der Umstieg für den Eigentümer wirtschaftlich unzumutbar ist.
Mehrfamilienhäuser
Für Mehrfamilienhäuser mit Gasetagenheizung, wo jeder seine eigene Therme in der Wohnung hat, soll es eine Frist von insgesamt sechs Jahren geben: Fällt die erste Gasetagenheizung im Gebäude aus, müssen die Eigentümer binnen drei Jahren eine Heiztechnik nach den neuen Vorgaben wählen. Wenn sie sich für eine Zentralisierung der Heizung entscheiden, bekommen sie weitere drei Jahre Zeit für die Umsetzung.
Welche Heizungen möglich wären
Zur Umsetzung der Vorgabe von 65 Prozent Erneuerbaren kommen verschiedene Technologien in Frage, zwischen denen Eigentümer wählen können sollen. Bei Neubauten sollen Wärmepumpen als Standardlösung gelten. Auch Stromdirektheizungen, die mit Strom heizen, und Fernwärme wären möglich. Wärmenetze, die zum Beispiel industrielle Abwärme nutzen, müssen bis 2030 einen Anteil von zur Hälfte erneuerbaren Energien haben, bis 2045 müssen sie komplett so betrieben werden.
Nicht für Neubauten, aber für Bestandsgebäude wäre auch eine Biomasseheizung zum Beispiel mit Holzpellets eine Option. Da nachhaltig erzeugte Biomasse nach Einschätzung des Ministeriums künftig nicht in großen Mengen verfügbar sein dürfte, sollten solche Heizungen Gebäuden vorbehalten bleiben, die etwa denkmalgeschützt oder schwer zu sanieren sind. Auch Gasheizungen, die zu mindestens 65 Prozent nachhaltiges Biomethan oder mit erneuerbaren Energien erzeugten Wasserstoff nutzen, wären möglich, ebenso Hybridheizungen, also etwa Kombinationen einer Wärmepumpe mit einer fossilen Heizung.
Kosten für Mieter
Bei Heizungen mit Biomethan, Pellets oder anderer fester Biomasse geht das Ministerium von einer vergleichsweise günstigen Installation, aber hohen Betriebskosten aus. Damit letztere nicht bei den Mieterinnen und Mietern landen, sollen Vermieter die Bezugskosten nur in der Höhe weitergeben dürfen, wie sie auch beim Grundversorgungstarif Gas anfallen würden.
Wenn Vermieter eine Wärmepumpe einbauen, soll diese einen Wirkungsgrad von mindestens 2,5 erreichen müssen, also wenigstens 2,5 Mal so viel Energie zur Verfügung stellen, wie sie verbraucht. Ist das nicht der Fall, soll nur die Hälfte der Investitionskosten umgelegt werden können. Diese Regelung soll dafür sorgen, dass Vermieterinnen und Vermieter auch Geld in Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz ihres Gebäudes stecken.
Finanzielle Förderung
Um Wärmepumpen erschwinglich zu machen, soll der Umstieg finanziell unterstützt werden. Ziel sei, die Förderung parallel zu den neuen Vorgaben zum Jahreswechsel an den Start zu bringen, erklärte das Wirtschaftsministerium. Damit und mit vergünstigten Wärmepumpen-Stromtarifen soll das Heizen unter dem Strich nicht teurer werden als mit fossilen Heizungen, beteuert das Wirtschaftsministerium. Durch den EU-Emissionshandel, bei dem mit Rechten zum Ausstoß klimaschädlicher Gase gehandelt wird, stiegen die Preise für Heizöl, Diesel, Benzin und Erdgas ab 2027 ohnehin immer weiter, während Systeme wie Wärmepumpen mit zunehmender Verbreitung günstiger würden. Das Wirtschaftsministerium möchte auch Steuererleichterungen für klimafreundliche Sanierungen ausweiten.
Was dahinter steckt
Dienen soll die Umstellung dem Klimaschutz, außerdem soll unter dem Eindruck der Folgen des Ukraine-Kriegs die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten sinken. Bis 2045 soll der Gebäudebestand klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase verursachen, als auch wieder gebunden werden können.
Wie Deutschland bislang heizt
Mehr als 80 Prozent der in Deutschland verbrauchten Wärme wird laut Bundeswirtschaftsministerium aus fossilen Brennstoffen erzeugt. Mehr als 40 Prozent des verbrauchten Erdgases wird zur Beheizung von Gebäuden und für die Warmwasserversorgung genutzt. Fast jeder zweite Haushalt heizt mit Erdgas, knapp jeder vierte mit Heizöl, rund 14 Prozent mit Fernwärme. So genannte Stromdirektheizungen wie Radiatoren und Wärmepumpen, die Wärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich nutzen, machen bislang jeweils nicht einmal 3 Prozent aus.