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Wirtschaftsverbände: Neue Strategie für globalen Erfolg

Bundeskanzler Olaf Scholz (M) mit den Präsidenten der der vier großen deutschen Wirtschaftsverbände: Siegfried Russwurm (BDI, l), Rainer Dulger (BDA, 2.v.l.), Jörg Dittrich (ZDH, 2.v.r.) sowie Peter Adrian (DIHK). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Die Lage von Industrie, Handwerk und Wirtschaft ist wegen unnötiger Bürokratie, hohen Steuern und teurer Energie nach Ansicht der großen deutschen Wirtschaftsverbände überaus kritisch.

Derzeit müsse mit einer Vielzahl von Handicaps hantiert werden, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, vor dem traditionellen Spitzengespräch der vier großen deutschen Wirtschaftsverbände mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Münchner Handwerksmesse. Deutschland brauche trotz der aktuellen Krisen wieder eine langfristigere Strategie, um weltweit erfolgreich zu bleiben.

«Die Energiekosten sind immer noch hoch. Wir haben aber auch mit einer Regelungswut zu kämpfen, die dafür sorgt, dass wir oft mehr Papier beschreiben, als dass wir wirklich nach vorne kommen», betonte Russwurm. Zugleich habe Deutschland im weltweiten Vergleich die höchsten Steuern, was der globalen Wettbewerbsfähigkeit der Industrie «ganz schön zu schaffen» mache. Auch die hohe Inflation tue «weh».

Mit Blick auf die Krisenpolitik der Bundesregierung erklärte Russwurm, es sei «uns gemeinsam ganz gut gelungen und zwar sowohl in der Pandemie als auch kurzfristig in den Konsequenzen des Kriegs der Russen in der Ukraine». Perspektivisch reiche das aber nicht aus, es brauche auch eine «Strategie der langen Linien» und hier habe Deutschland «noch erheblichen Nachholbedarf».

Dazu zähle eine sichere Energieversorgung, Bürokratieabbau und eine spürbare Steuersenkung: «Wenn wir in Deutschland die Steuern wenigstens auf einen Mittelwert Europas brächten, dann würde das schon sehr viel helfen», sagte Russwurm.

Arbeitgeber-Präsident: Lage «schwierig»

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, bezeichnete die wirtschaftliche Lage in Deutschland ebenfalls als «schwierig». Wie Russwurm forderte er eine schnelle Entbürokratisierung und niedrigere Energiepreise. Zudem wäre jede Erhöhungen von Sozialabgaben ein «falsches Signal».

DIHK-Präsident Peter Adrian erklärte: «Wir haben diese Energiekrise ohne Gasmangellage überwinden können, das hat uns vor einem großen Absturz bewahrt.» Die Krisenpolitik der Bundesregierung habe funktioniert, es müsse aber weiter alles getan werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu sichern. Zugleich müsse nach Wegen gesucht werden, wie die Dekarbonisierung der Wirtschaft erreicht und der Fachkräftemangel beseitigt werden könne.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) beklagte die bestehenden Dokumentationspflichten und andere Vorschriften. Diese würden die Arbeit des Handwerks behindern und verteuern, sagte Handwerkspräsident Jörg Dittrich dem Bayerischen Rundfunk. «Wir würgen uns mit der Bürokratie so ab, dass wir die Umsetzung der politischen Ziele, die wir angehen, nicht mehr gewährleisten können.»

Forderungskatalog für den Kanzler

Das traditionelle Spitzengespräch des Kanzlers mit den vier Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft findet alljährlich auf der Münchner Handwerksmesse statt. Passend zu den Forderungen präsentierten die Wirtschaftsverbände Scholz eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Lage und ihre Forderungen zusammenfassten. «Der Verlust industrieller Wertschöpfung ist keine theoretische Gefahr mehr. Er findet bereits statt», heißt es in der zweiseitigen Erklärung. Daher brauche es «jenseits des reinen Krisenmodus» eine Perspektive für die Unternehmen, «die Mut macht».

Unter anderem müsse die Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften von rund 30 Prozent «so schnell wie möglich» auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent reduziert werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt werden: «Wo Prozesse Jahre oder gar Jahrzehnte brauchen, reicht die angestrebte Halbierung der Verfahren nicht aus. Ziel muss eine Verkürzung auf wenige Monate sein», heißt es weiter in der Erklärung. Fener brauche es flexiblere Arbeitszeitmodelle hin zu Wochenhöchstarbeitszeiten, modernene Ruhezeitregelungen und deutlich schnellere Verfahren bei der Zuwanderung von Arbeitskräften.