Die hartnäckig hohe Inflation belastet Verbraucher und Unternehmen in Deutschland. Ökonomen rechnen dennoch im Schnitt mit einem leichten Anstieg der Wirtschaftsleistung zu Beginn des laufenden Jahres gegenüber dem Vorquartal. Europas größte Volkswirtschaft würde damit an einer Winterrezession vorbeischrammen. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht an diesem Freitag (10.00 Uhr) eine erste Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2023. Am Nachmittag folgen vorläufige Inflationszahlen für April. Gute Nachrichten dürften vom Arbeitsmarkt kommen.
Zum Jahresende 2022 war die deutsche Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent geschrumpft. Sinkt das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer sogenannten technischen Rezession. Vor allem dank des milden Winters traten die schlimmsten Szenarien nicht ein – etwa eine Gasmangellage, die tiefe Spuren hinterlassen hätte.
Hohe Inflation schmälert Kaufkraft
Im Gesamtjahr 2023 rechnen Volkswirte allerdings bestenfalls mit einem leichten Anstieg des Bruttoinlandsproduktes gegenüber dem Vorjahr. Nach Einschätzung der «Wirtschaftsweisen» schmälert die hohe Inflation die Kaufkraft der Verbraucherinnen und Verbraucher, und schlechtere Finanzierungsbedingungen wegen steigender Zinsen bremsen die Konjunktur. Dazu kommt eine Weltwirtschaft, die sich nur langsam von den Corona-Folgen erholt. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung erwartet einen leichtes Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent im Gesamtjahr.
Die Bundesregierung geht inzwischen von einem etwas stärkeren Plus von 0,4 Prozent aus. «Die deutsche Wirtschaft erweist sich nach der Corona-Krise auch in der Energiekrise als anpassungs- und widerstandsfähig», sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorlage der jüngsten Konjunkturprognose. Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft insgesamt um 1,8 Prozent gewachsen.
Verbraucherpreise stiegen zuletzt etwas weniger
Die Inflation in Deutschland verlor zuletzt auf hohem Niveau an Tempo. Dabei spielten auch die staatlichen Preisbremsen für Gas und Strom eine Rolle, die seit 1. März rückwirkend zum 1. Januar 2023 gelten. Im März stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,4 Prozent. Im Januar und Februar war jeweils noch eine Teuerungsrate von 8,7 Prozent verzeichnet worden. Im April erwarten Volkswirte keine erneute deutliche Abschwächung.
Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbraucher, denn sie können sich dann für einen Euro weniger leisten. Das kann den Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze belasten.
Robust zeigt sich bislang der deutsche Arbeitsmarkt. Erwartet wird, dass die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, am Freitag über eine weiterhin stabile Lage im April mit einer etwas gebremsten Frühjahrsbelebung berichten wird. Geprägt wird die Situation von einer anhaltend großen Nachfrage nach Fachkräften und andererseits von einem Zuwachs an Arbeitslosen durch Ukraine-Flüchtlinge, die aus den Integrationskursen kommen und nicht sofort einen Job finden.