In der Debatte um eine Reform der EU-Schuldenregeln stemmt sich Frankreich weiter gegen die unter anderem von Deutschland geforderten einheitlichen Regeln für alle Länder. «Unsere Antwort lautet ganz klar „Nein“, und zwar aus Gründen, die auf unsere Erfahrungen in der Vergangenheit zurückzuführen sind», sagte Finanzminister Bruno Le Maire bei einem Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg am Freitag.
«Wenn man es versucht hat, hat es nicht funktioniert und zu katastrophalen Auswirkungen für die Europäische Union geführt, die auch mit politischen Fragen zu tun haben, nämlich der Achtung der Souveränität der Staaten», sagte Le Maire. «Ich erinnere daran, dass die Europäische Union nach wie vor auf der Souveränität der Nationen und Staaten aufgebaut ist.»
Bundesfinanzminister Christian Lindner hingegen bekräftigte seine Forderung nach einheitlichen Vorschriften: «Wir brauchen gemeinsame Regeln, die für alle gleich sind», sagte er in Luxemburg. Die Fiskalregeln dürften nicht «prinzipiell weicher werden, sondern realistischer und verlässlicher». Weitere zehn – vornehmlich osteuropäische – Länder hatten sich am Donnerstag in einem Gastbeitrag in der «Welt» an Deutschlands Seite gestellt und sich ebenfalls für «klare und verständliche Regeln, die für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen gelten», ausgesprochen.
Regeln bis 2024 ausgesetzt
Derzeit wird in der EU über eine Reform der Schuldenregeln verhandelt. Die Regeln schreiben den Staaten Obergrenzen vor. Im Kern sehen sie vor, Schulden bei maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Haushaltsdefizite unter 3 Prozent zu halten. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die bislang geltenden Regeln bis 2024 ausgesetzt. Bislang müssen Staaten normalerweise fünf Prozent der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke liegen, im Jahr zurückzahlen. Für hoch verschuldete Länder wie Italien oder Griechenland wäre das für das Wachstum verheerend. Auch vor der Pandemie wurde das Regelwerk missachtet – auch von Deutschland.
In Mitte April präsentierten Reformvorschlägen für den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, hoch verschuldeten Ländern mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden und Defiziten einzuräumen. Statt einheitlicher Vorgaben für alle Länder setzt die Behörde auf individuelle Wege für jedes Land, um Schulden und Defizite langfristig zu senken.
Aus deutscher Sicht sind die Vorschläge nicht ausreichend, Finanzminister Lindner fordert strenge Mindestvorgaben. So sollen etwa Länder mit hohen Schuldenquoten diese um mindestens einen Prozentpunkt jährlich senken müssen.