Naturkatastrophen haben nach Berechnungen der Munich Re im ersten Halbjahr weltweite Schäden von 110 Milliarden Dollar (99,26 Mrd Euro) verursacht. Das war nach einer Mitteilung des Rückversicherers etwas weniger als in der ersten Hälfte 2022, aber deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre von 98 Milliarden Dollar.
Die bisher schwerste Naturkatastrophe
Den Großteil dieser Schäden müssen die getroffenen Menschen und Unternehmen selbst bezahlen, da laut Munich Re nur 43 Milliarden Dollar dieser Schäden versichert waren. Schwerste Naturkatastrophe des Jahres war bislang das Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet, das im Februar geschätzt 58.000 Menschenleben forderte und 40 Milliarden Dollar Schaden verursachte.
Das verheerende Beben ist auch der Hauptgrund, dass die Zahl der von Naturkatastrophen verursachten Todesopfer im ersten Halbjahr auf 62.000 stieg, laut Munich Re so viele wie seit 2010 nicht.
Forderung nach Anpassung an Klimawandel
An zweiter Stelle stehen mit in Summe 35 Milliarden Dollar sehr hohe Schäden aus Schwergewittern und Tornados in den USA. Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten die weltweiten Naturkatastrophen, da dies eine wichtige Grundlage für die Berechnung der Versicherungsprämien ist.
Erdbeben stehen nicht mit Wetter und Klima im Zusammenhang, Stürme jedoch sehr wohl. Die Munich Re wie auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) forderten eine bessere Vorbeugung gegen die Folgen: «Wir müssen uns auch deutlich besser an die Folgen der Erderwärmung in Form von häufigeren oder schwereren Wetterkatastrophen anpassen», sagte Thomas Blunck, Vorstandsmitglied des Münchner Konzerns.
Klimawandel begünstigt Extremwetter
Die Munich Re verwies auf wissenschaftliche Analysen, wonach der Klimawandel die Entstehung schwerer Gewitter mit Tornados oder Hagel begünstigt. Der Grund: Die Erwärmung führt demnach zu höherer Verdunstung und vor allem in Bodennähe zu höherer Luftfeuchtigkeit.
Das Unternehmen registriert dementsprechend steigende Gewitterschäden in Nordamerika und Europa, nicht linear von Jahr zu Jahr, aber im längerfristigen Trend über die Jahrzehnte hinweg. «Der globale Trend zu höheren Wasser- und Lufttemperaturen wird überwiegend durch den Klimawandel bestimmt, mit zunehmenden Wetterkatastrophen und finanziellen Belastungen daraus als Folge», sagte Chef-Geowissenschaftler Ernst Rauch.
Starkregenbilanz in Deutschland
Deutschland ist nicht ausgenommen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) veröffentlichte eine Starkregenbilanz der vergangenen zwei Jahrzehnte. Sintflutartige Niederschläge haben demnach von 2002 bis 2021 bundesweit Schäden in Höhe von 12,6 Milliarden Euro verursacht.
Am häufigsten traf es im Ländervergleich Berlin, wo die Hausbesitzer im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre für gut jedes siebte Haus – 148 von 1000 Wohngebäuden – einen Schaden durch Starkregen meldeten. Was die Kosten betrifft, liegt laut GDV unter den Bundesländern Rheinland-Pfalz mit im Schnitt 11.000 Euro an der Spitze – eine Folge der immensen Schäden der Flutkatastrophe des Jahres 2021.
«Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für ein extremes Ereignis, wie es 2021 den Westen Deutschlands getroffen hat, in Folge des Klimawandels bis zu neunmal höher ist», zitierte der Versicherungsverband die Meteorologin Katharina Lengfeld. Gegen Elementarschäden versichert ist laut GDV nur gut die Hälfte der Hausbesitzer.
Versicherungsbranche vor Herausforderungen
Die Zwanzig-Jahres-Bilanz des GDV birgt Zündstoff. Denn angesichts der Zunahme extremer Wetterlagen stellte der Verband die Frage, ob die Versicherer langfristig alle Naturgefahren noch versichern können. «Wir müssen in Deutschland Prävention und Klimafolgenanpassung konsequent umsetzen», forderte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
«Ansonsten könnten sich nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre die Prämien für Wohngebäudeversicherungen verdoppeln.» Von der Politik verlangte Asmussen unter anderem einen Baustopp in Überschwemmungsgebieten und eine Verringerung der Flächenversiegelung.