Zur Belebung der schwächelnden Konjunktur schlagen Spitzenvertreter der Grünen-Bundestagsfraktion ein 5-Punkte-Investitionsprogramm mit besonderem Fokus auf die Baubranche vor. «Wir gehen als Bund kräftige Schritte voran und stellen die dringend notwendigen Investitionen von insgesamt 30 Mrd. Euro zur Verfügung», heißt es in einem Papier der Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge sowie der beiden Vizes Andreas Audretsch und Julia Verlinden, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland darüber berichtet.
Das Geld soll nach Vorstellungen der Grünen-Politiker insbesondere aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) kommen. Dieser in der Corona-Pandemie errichtete Sondertopf wurde in der Energiekrise reaktiviert, um deren Folgen abzufedern. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) weist die Pläne zurück. «Die Mittel im WSF sind konkret zweckgebunden. Einer Umwidmung stehen verfassungsrechtliche Grenzen entgegen», sagte ein Sprecher Lindners der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Mittwoch).
Es brauche einen Investitionsimpuls für Wirtschaft, Jobs und Klima, erklärte Dröge. «Deshalb schlagen wir ein Investitionsprogramm zur Stärkung der Bauwirtschaft und Industrie vor, indem wir insbesondere die staatliche Förderung für den sozialen Wohnungsbau und die energetische Gebäudesanierung deutlich erhöhen und den sozialen Wohnungsbau vorantreiben.»
Förderungen
Konkret wollen die Politiker die Förderung der Investitionskosten für die energetische Gebäudesanierung auf 30 Prozent verdoppeln, mit einem Schwerpunkt auf die energetisch schlechtesten Gebäude. Auch die Förderung für Sanierungen von Mehrfamilienhäusern soll erhöht werden, zudem sollten gemeinnützige Einrichtungen wie Kitas, Krankenhäuser, Seniorenheime, Sportstätten oder Jugendfreizeiteinrichtungen bei der energetischen Sanierung unterstützt werden.
Beim sozialen Wohnungsbau wollen die Grünen-Politiker «… die Mittel weiter erhöhen und zugleich dafür sorgen, dass Sozialwohnungen so lange wie möglich mietpreisgebunden bleiben», heißt es in dem Papier. Darüber hinaus wollen sie die Bundesförderung für die Sanierung öffentlicher Gebäude in Kommunen ausweiten. Verlinden: «Menschen in den zugigsten Häusern bekommen die Folgen der Energiekrise am stärksten zu spüren.» Die Grünen wollten die Förderung auch für Einzelmaßnahmen wie moderne Fenster und Türen erhöhen.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, sagte der dpa, die Baubranche sei ohne Frage wichtig für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland. Auch spiele sie eine große Rolle für die Reduktion des CO2-Ausstosses in den kommenden Jahrzehnten. Es stelle sich aber die Frage, inwiefern Investitionen in den Baubereich die Standortfaktoren hierzulande so verbesserten, dass Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit gewinne.
Fossile Abhängigkeiten
Zudem sprachen sich Dröge, Audretsch und Verlinden für den von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagenen vergünstigten Industriestrompreis aus sowie für eine Ausweitung der von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeschlagenen Klima-Investitionsprämie.
Auch vor dem Hintergrund des massiven US-Wirtschaftsförderprogramms Inflation Reduction Act warnte Audretsch: «Weltweit setzen Regierungen auf Investitionen, zaudernd am Rande stehen können wir uns nicht leisten. Wir müssen raus aus der teuren fossilen Abhängigkeit, wir dürfen Klimatechnologien, die wirtschaftlichen Chancen einer erneuerbaren Zukunft nicht den USA oder China überlassen.»
Die FDP lehnt sowohl den Industriestrompreis als auch eine Öffnung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds ab. «Es gibt noch unterschiedliche Vorstellungen», räumte Dröge am Dienstag im ZDF-«Morgenmagazin» ein. Man teile innerhalb der Bundesregierung aber das Ziel, Investitionen stärken zu wollen.
Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte laut Statistischem Bundesamt im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal. Das Bundeskabinett hatte Anfang Juli den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschlossen. Die Ausgaben sollen demnach im Vergleich zum laufenden Jahr deutlich um 30,6 Milliarden auf 445,7 Milliarden Euro sinken. Der Haushalt wird nun im Bundestag beraten.