Volkswagen ordnet die Belegung seiner Werke neu und geht damit ungewohnt früh an die Öffentlichkeit. Bereits zwei Monate vor der traditionellen Planungsrunde im November nannten Konzern und Betriebsrat erste Eckpunkte, die zuvor im Aufsichtsrat beraten wurden. Endgültig beschlossen werden sollen die Pläne aber wie gewohnt im November, wie VW nach der Sitzung mitteilte. Dann will VW auch die für die Umbauten erforderlichen Gelder freigeben.
Bereits besiegelt ist das Aus für ein Lieblingsprojekt des früheren VW-Chefs Herbert Diess: Das neue «Trinity»-Werk in Wolfsburg, das dort bis 2026 auf der grünen Wiese entstehen sollte, wird nicht gebaut. Der zwei Milliarden Euro teure Neubau, der bereits seit Ende 2022 auf der Kippe stand, wurde nun endgültig abgesagt. Stattdessen sollen direkt im Stammwerk neue Elektro-Modelle entstehen.
Nach dem ID.3, der noch in diesem Jahr zunächst in kleiner Stückzahl anlaufen soll, und einem für 2026 geplanten Elektro-SUV im Tiguan-Format soll in Wolfsburg später auch ein neuer Elektro-Golf entstehen, kündigte Betriebsratschefin Daniela Cavallo an. Hinzu kommen solle ein Schwestermodell vom Cupra, das ebenfalls aus Wolfsburg kommen werde. Konkrete Termine nannte sie nicht. Grundlage für beide Modelle sei aber die neue Elektro-Plattform SSP, die Ende des Jahrzehnts einsatzbereit sein solle, hieß es.
Mehr Zeit für die Software
«Trinity» war ein Vorzeigeprojekt von Diess. Der neue Konzernchef Oliver Blume, der Diess vor einem Jahr ablöste, hatte den für 2026 vorgesehenen Start des Zukunftsmodells bereits kurz nach seinem Amtsantritt um mindestens anderthalb Jahre verschoben, um mehr Zeit für die Entwicklung der Software zu haben. Seither wurde in Wolfsburg auch geprüft, ob der Fabrik-Neubau noch nötig ist.
Gebaut werden soll das «Trinity»-Modell nun in Zwickau. Zusätzlich soll dort laut Betriebsrat dann auch der Nachfolger des Audi Q4 e-tron entstehen, der bereits in Zwickau gebaut wird. Zuletzt hatte es in Sachsen Sorgen um die Zukunft des Standorts gegeben. Angesichts der schleppenden Nachfrage nach den dort bisher gebauten E-Modellen hatte VW die Produktion gedrosselt, 269 befristete Stellen werden abgebaut. Zudem hatte es Befürchtungen gegeben, Audi könnte den bisher in Zwickau gebauten Q4 e-tron komplett nach Brüssel verlagern.
VW Nutzfahrzeuge (VWN) in Hannover verliert dagegen einen wichtigen Audi-Auftrag: Das Oberklasse-Elektro-Modell, das hier ab 2026 gebaut werden sollte, will die Ingolstädter VW-Tochter nun im eigenen Werk in Neckarsulm fertigen, wie eine Sprecherin sagte. Einen Termin nannte sie nicht. Das Modell sollte ursprünglich schon 2024 anlaufen, wurde dann aber mehrfach verschoben. Porsche hatte sich bereits 2021 aus dem Gemeinschaftsprojekt mit Audi zurückgezogen.
Elektro-Porsche in Osnabrück
Nach Angaben des Betriebsrats in Hannover soll VWN stattdessen eine eigene Fahrzeugfamilie «Space» entwickeln. Dafür erhalte VWN vom Konzern eine eigene Elektro-Nutzfahrzeug-Plattform auf Basis der künftigen Konzernarchitektur SSP. Bisher baut VWN seinen Elektro-Bulli ID. Buzz auf einer abgewandelten Pkw-Architektur, die vom ID.4 übernommen wurde. Laut einem VWN-Sprecher wird die Standortvereinbarung für Hannover, die auch eine Beschäftigungssicherung enthält, bis mindestens 2032 verlängert. Bisher galt sie bis 2029.
Das VW-Werk in Osnabrück erhält den Zuschlag für ein neues Elektro-Modell von Porsche. Derzeit fertigt das VW-Werk für Porsche bereits die Verbrenner Cayman und Boxster. Nach deren Auslaufen soll ein Elektro-Porsche folgen. Ein Bericht des «Manager Magazins», wonach Porsche das einstige Karmann-Werk komplett übernehmen könnte, wurde von VW zurückgewiesen. Der Standort werde zwar weiter für Porsche arbeiten, bleibe aber ein VW-Werk.
«Mit der jetzt verabschiedeten Werkebelegung leisten wir auch im Rahmen unseres Performance-Programms einen substanziellen Beitrag zu einer starken, wettbewerbsfähigen Marke VW», sagte VW-Markenchef Thomas Schäfer. Das milliardenschwere Effizienzprogramm hatte Schäfer im Sommer angekündigt, bisher aber keine Details genannt. An der Ausgestaltung werde noch gearbeitet, hieß es. «Wir nutzen den Umstieg auf die Elektromobilität, um die Komplexität in der Produktion zu senken und unsere Werke noch effizienter aufzustellen», ergänzte Produktionsvorstand Christian Vollmer. Das senke die Kosten und sichere Arbeitsplätze.
Für die Gläserne Manufaktur in Dresden wurde angekündigt, «kurzfristig» ein Nachnutzungskonzept zu entwickeln. Zunächst laufe die ID.3-Fertigung dort weiter. Die «Automobilwoche» hatte jüngst berichtet, VW wolle die Fahrzeugproduktion in Dresden einstellen und den Standort künftig anders nutzen. VW hatte das zurückgewiesen. Zumindest kurzfristig gebe es keine Pläne, die Produktion am Standort einzustellen. «Die Rolle der Fertigung in der Gläsernen Manufaktur läuft mit dem ID.3 wie vereinbart auch noch die nächsten Jahre weiter», sagte der dortige Betriebsratschef Thomas Aehlig. «Es sei denn, der ausgearbeitete Plan für das Konzept der Zukunft greift schon früher.»