Die Deutsche Bahn hat die Urabstimmung der Gewerkschaft GDL über längere Streiks als «befremdlich und völlig irrational» kritisiert. Die Verhandlungen seien noch nicht einmal gescheitert, sagte ein Unternehmenssprecher laut Mitteilung.
«Die Lokführergewerkschaft sucht nur den Konflikt, zur Kooperation ist sie nicht in der Lage.» Die Bahn habe in der ersten Verhandlungsrunde ein Angebot über eine elfprozentige Lohnerhöhung vorgelegt. «Die GDL streikt den zweiten Verhandlungstermin weg und leitet jetzt die Urabstimmung ohne weitere Verhandlung ein, obwohl bereits verabredet. Wer soll das noch verstehen?»
Die GDL hatte kurz nach dem ersten Warnstreik im aktuellen Tarifstreit ihre Mitglieder zur Urabstimmung über unbefristete Streiks bei der Bahn und anderen Verkehrsunternehmen aufgerufen. Mit Blick auf die Verhandlungen warf GDL-Chef Claus Weselsky den Arbeitgebern eine Hinhaltetaktik vor.
Drei Viertel der Mitglieder müssen sich dafür aussprechen
Für längere und häufigere Arbeitskampfmaßnahmen müssen sich laut GDL 75 Prozent der Mitglieder dafür aussprechen. Wann das Ergebnis vorliegt, ist unklar. Weitere Warnstreiks schließt die GDL bis dahin nicht aus.
Von Mittwoch- bis Donnerstagabend standen bereits weite Teile des Fern-, Regional- und Güterverkehrs still. Weselsky hatte immer wieder betont, schon früh in der Auseinandersetzung auf eine Urabstimmung setzen zu wollen. Damit will er eigenen Aussagen zufolge vor allem vermeiden, dass die Bahn vor das Arbeitsgericht zieht. Für Warnstreiks ist keine Urabstimmung nötig. Dafür bestehen engere Vorgaben, was Dauer und Häufigkeit angeht.
Knackpunkt Arbeitszeit
Die nächste Verhandlungsrunde ist für Donnerstag und Freitag in der kommenden Woche angesetzt. Die Bahn hatte bereits angekündigt, den Termin einhalten zu wollen, solange die GDL an den jeweiligen Tagen nicht erneut zum Arbeitskampf aufruft. Dies bekräftigte ein Bahnsprecher nach der angekündigten Urabstimmung.
Die Gewerkschaft fordert unter anderem 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Knackpunkt der Verhandlungen ist die Forderung nach einer Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Wochenstunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohn. Aus Weselskys Sicht kann nur so die Attraktivität dieser Berufe verbessert werden. Am Samstag argumentierte der Gewerkschaftschef, die Arbeitszeit würde bei einem Abschluss zudem «maßvoll und in Schritten» abgesenkt.
Die Bahn lehnt diese Forderung als unerfüllbar ab. Ihr Angebot einer elfprozentigen Entgelterhöhung gilt für eine Laufzeit von 32 Monaten. Sie bietet auch eine Inflationsprämie an.