Bürokratie, Fachkräftemangel, hohe Energiepreise und sinkende Nachfrage belasten Deutschlands Maschinenbauer. Die Firmen der exportorientierten deutschen Schlüsselindustrie blicken mit gedämpften Erwartungen ins kommende Jahr, wie aus einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Umfrage des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hervorgeht.
Ganz oben auf der Dringlichkeitsliste stehen aus Sicht der Unternehmen Bürokratieabbau und Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, gefolgt von Energiepreisen und Arbeitskosten.
«Der Bürokratie-Frust und die Regulierungsflut verärgern die Unternehmen enorm», sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen auf dem Maschinenbautag. Die Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums zum Bürokratieabbau begrüßte er. Bürokratiekosten kämen allerdings aus vielen Quellen. «Was wir brauchen, ist eine kollektive Anstrengung.» Wirtschaftsminister Robert Habeck hat einen Bürokratieabbau für Unternehmen angekündigt insbesondere bei aufwendigen Informations- und Meldepflichten.
Habeck stellte auf dem Maschinenbautag eine zügige Lösung für günstigeren Strom in der Industrie in Aussicht. Lange zu debattieren statt zu entscheiden, schaffe Unsicherheit. Die Lage der energieintensiven Betriebe sei nicht selbst gewählt, sondern «im gewissen Sinne politisch hergestellt worden», sagte der Grünen-Politiker. «Und es kann ja nun auch nicht sein, dass Putin darüber entscheidet, welche Chemieindustrie wir in Deutschland haben.» Für diese besondere Situation habe er den Industriestrompreis vorgeschlagen.
Haeusgen kritisierte den Vorschlag als strukturkonservatives und überdimensioniertes Subventionsprojekt. Die Maschinenbauer fordern stattdessen eine Steuerreform zur Entlastung von Unternehmen sowie der unteren und mittleren Einkommensgruppen.
Auftragsbestand niedriger als im langjährigen Durchschnitt
Die seit Monaten rückläufigen Bestellungen hinterlassen der Umfrage zufolge inzwischen deutliche Spuren bei den Maschinenbauern. 60 Prozent der im Oktober befragten 700 Firmen gaben an, derzeit einen niedrigeren Auftragsbestand als im langjährigen Durchschnitt zu haben. 22 Prozent erwarten, dass der aktuelle Bestand die Produktion im kommenden Jahr nicht stützen kann. Das hat Folgen für die Umsatzerwartungen.
Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) rechnet für 2024 mit einer Umsatzstagnation, ein weiteres knappes Viertel (23 Prozent) mit einem Rückgang von bis zu 10 Prozent. Knapp 35 Prozent gehen von einem Zuwachs einschließlich Preiserhöhungen von bis zu 10 Prozent aus. «All dies bestätigt uns in unserer Prognose, dass 2024 kein leichtes Jahr für den Maschinen- und Anlagenbau wird», sagte Hauesgen. «Wir erwarten unverändert ein reales Produktionsminus von 2 Prozent.» Auch im noch laufenden Jahr rechnete der Verband zuletzt mit einem Produktionsrückgang von 2 Prozent.
Verlängerung durchschnittlicher Wochenarbeitszeit gefordert
Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels forderte Haeusgen unter anderem eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes und eine Verlängerung der durchschnittlichen Wochen- und Lebensarbeitszeit. «40 Wochenstunden müssen auch im Metallbereich das neue Normal werden, so wie es in vielen anderen Branchen und EU-Ländern eine Selbstverständlichkeit ist.»
Zudem müsse die Anwerbung ausländischer Fachkräfte weiter beschleunigt und entbürokratisiert werden. Habeck fürchtet allerdings, dass eine ablehnende Grundhaltung in den Ausländerbehörden die Suche nach Fachkräften für Deutschland erschwert. «Meine größte Sorge ist, wenn ich das so offen sagen darf, dass die Ausländerämter und die Visastellen nicht eingeschwungen sind auf das System», sagte der Grünen-Politiker. In den vergangenen Jahren habe es die Haltung gegeben: «Eigentlich wollen wir die Leute nicht haben». Jetzt müsse man klar sagen: «Jetzt sind sie gewollt.»
Der Maschinen- und Anlagenbau mit gut einer Million Stammbeschäftigten leidet seit Jahren unter Fachkräftemangel. Angesichts der gedämpften Aussichten, erwarten aber nur noch gut 30 Prozent der Umfrage zufolge, dass sie die Zahl ihrer Beschäftigten im kommenden Jahr erhöhen, knapp 40 Prozent rechnen mit einer Stagnation und knapp 30 Prozent mit einem Stellenabbau.