Der Krieg im Gazastreifen macht auch der deutschen Schmuck- und Uhrenindustrie zu schaffen. «Seit dem 7. Oktober ist in Middle East alles auf Hold gesetzt», sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien, Guido Grohmann, der Deutschen Presse-Agentur. Der Absatz sei fast zum Erliegen gekommen. «Und zwar in einer Größenordnung, wie sie ein etwas besseres Weihnachtsgeschäft in Deutschland nicht ausgleichen könnte», sagte Grohmann. «Das macht uns Sorgen.» Die deutschen Hersteller exportieren den Angaben zufolge üblicherweise vor allem Schmuck in die Region, in geringerem Umfang Uhren.
Für 2024 stelle das die Firmen vor große Herausforderungen bei den Planungen, sagte Grohmann. Frieden sei zeitnah nicht in Sicht. Ob und wann sich eine Art Gewöhnungseffekt einstelle – wie nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – sei schwer abzuschätzen.
Jüngst hatte der Verband mit Sitz in Pforzheim über sinkende Handelszahlen für die Branche insgesamt berichtet. So wurden bis zum Ende des dritten Quartals Schmuckwaren im Wert von 2,14 Milliarden Euro exportiert – ein Rückgang um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bei Uhren und Uhrenteilen betrug er 2,4 Prozent auf 1,22 Milliarden Euro. Beim Import war das Minus in den ersten neun Monaten bei Schmuck mit 8,4 Prozent auf 1,51 Milliarden Euro größer als bei Uhren und Uhrenteilen mit 5,2 Prozent auf 1,71 Milliarden Euro.
Dennoch zeigte sich Grohmann zuversichtlich, denn 2022 sei ein «exorbitant gutes Jahr» gewesen. Im Vergleich dazu sei mit Einschnitten zu rechnen gewesen. Die aktuellen Zahlen lägen über denen von 2021. «Das ist also immer noch ein sehr hohes Niveau.» Und schon damals seien die Geschäfte besser gelaufen als 2019.
Grohmann: In tragbare Werte investiert
Wegen der Corona-Pandemie hätten die Menschen nicht so viel reisen können, erläuterte der Hauptgeschäftsführer. Und auf Bankkonten hätten sie das Geld nicht geparkt, weil es damals keine Zinsen gegeben habe. Das habe der Branche gutgetan. «Der Ukraine-Krieg hat dazu geführt, dass die Leute in tragbare Werte investieren.» Ob sich ein ähnlicher Effekt durch den Konflikt in Israel einstellt, sei unklar. Daher lasse sich das Weihnachtsgeschäft schwer vorhersagen.
Ein großes Thema im zu Ende gehenden Jahr sei Nachhaltigkeit gewesen, da gehe es etwa um recyceltes Gold. Zudem gebe es einen Hype um synthetische, also künstlich hergestellte Diamanten. «Das ist bei uns nicht so enorm wie in Asien, Middle East und den USA», sagte Grohmann. Die Aufmerksamkeit erhöhe aber auch hierzulande das Interesse.
In seinem Trendbericht für dieses Jahr hatte der Verband zudem unter anderem Männerschmuck zum Thema gemacht. Gerade bei Trend- und Modeschmuck sehe man inzwischen häufiger Männer mit Armbändern und Ketten, teils auch mehreren auf einmal, sagte Grohmann.
Im Echtschmuckbereich habe sich der Trend allerdings nicht bestätigt. Da trage der Herr maximal drei Schmuckstücke: eine Uhr, egal wie teuer, vielleicht einen Ehering und teils Manschettenknöpfe. «Dann hört’s aber auf», sagte Grohmann. «Daran ändert sich nichts.»