Nach dem geplanten Auslaufen der Preisbremsen für Strom und Gas am Jahresende müssen Haushalte mit vergleichsweise geringen Mehrkosten rechnen. Das haben Berechnungen von Tarif-Vergleichsportalen ergeben.
Aufs Jahr gerechnet kommen auf einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden beim Gas 26 Euro (1,1 Prozent) mehr zu, beim Strom ein Euro, wie das Portal Verivox berechnet hat.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte angekündigt, dass die staatlichen Gas- und Strompreisbremsen schon zum Jahresende auslaufen werden und nicht erst Ende März 2024. Dagegen gibt es allerdings Widerstand beim Koalitionspartner SPD. Seine Partei halte Energiepreisbremsen auch für 2024 für geboten, sagte Generalsekretär Kevin Kühnert der «Kölnischen Rundschau». Ähnliche Äußerungen gab es aus der SPD-Fraktion.
Scholz: Ökonomische Folgen des Krieges abfedern
Die Preisbremsen waren im März dieses Jahres eingeführt worden und galten rückwirkend auch für Januar und Februar. Sie sollten die Verbraucher davor bewahren, dass sie infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine durch explodierende Energiepreise überfordert werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei einem Landesparteitag in Schönefeld: «Es war richtig, die hohen Preise für die Bürger herunter zu subventionieren.» Die Regierung werde weiter alles dafür tun, die ökonomischen Folgen des Kriegs abzufedern.
Alte Verträge oft teurer
Inzwischen hat sich der Energiemarkt nach Einschätzung von Verivox jedoch erholt. Viele Versorger senkten zum neuen Jahr ihre Preise. Kundinnen und Kunden in älteren Verträgen sollten jetzt gegebenenfalls in einen neuen Tarif wechseln. Wer noch einen Tarif der Grundversorgung hat, muss nach den Berechnungen nächstes Jahr 82 Euro mehr für Gas und fünf Euro mehr für Strom aufbringen, wenn die Bremsen drei Monate früher gelockert werden.
Finanzminister Lindner hatte dies am Freitag angekündigt. Hintergrund ist das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts, durch das der Regierung nun Milliarden fehlen. «Es ist nicht davon auszugehen, dass wir Anfang des nächsten Jahres eine Notlage beim Strom, Gas und der ökonomischen Tragfähigkeit haben», sagte Lindner im Deutschlandfunk.
Kühnert: Kein Beschluss der Koalition
«Das mag seine Meinung sein – ein Beschluss der Koalition ist es nicht», kommentierte Kühnert Lindners Ankündigung. Ob es 2024 noch Energiepreisbremsen geben werde, müsse nun politisch verhandelt werden.
Eigentlich hatte der Bundestag erst am Tag nach dem Karlsruher Urteil beschlossen, die Bremsen bis zum 31. März anzuziehen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sah darin eine Vorsorgemaßnahme für den Fall erneut steigender Preise. Angesichts des absehbaren Sparzwangs durch das Haushaltsurteil steht dies nun aber auch bei den Grünen nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste. Derzeit seien die Preise ohnehin moderater, hieß es am Samstag beim Parteitag in Karlsruhe. Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang sagte RTL/ntv: «Die ganze Frage, wie wir jetzt gerade weiterfinanzieren ab 2024 ist natürlich noch in Gesprächen innerhalb der Regierung.» Derzeit seien viele Fragen offen, am Ende müsse man sich das Gesamtpaket anschauen.
Kritik von Gewerkschaften und Union
«Die Preisbremsen vor dem Winter auslaufen zu lassen, wird für zusätzliche Verunsicherung sorgen», kritisierte dagegen Yasmin Fahimi, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Ähnlich äußerte sich CSU-Chef Markus Söder. Er warf der Regierung Planlosigkeit vor.
Der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU), sagte am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, das Karlsruher Gericht habe die Koalition aus SPD, Grünen und FDP beim Verfassungsbruch ertappt. «Dieser selbstverursachte Rechtsverstoß muss jetzt geheilt werden. Das Auslaufen der Energiepreisbremse ist leider das unschöne Ergebnis dieses Urteils.»
Das Vergleichsportal Check24 erinnerte unterdessen daran, dass die Mehrwertsteuer auf Gas und Wärme im März nach zwei Jahren wieder auf die volle Höhe steigen wird. Dadurch ergäben sich für den Musterhalt aufs Jahr gerechnet Mehrausgaben von 224 Euro.